Eine Welt der Kälte und der Wärme treffen aufeinander:
die Killerin mit der Originaltitel gebenden Körpertemperatur von 32
Grad verliebt sich in den zum Nudelkoch gewandelten einstigen Triadengangster.
Und die Killerin, von Kindheit an zum Töten erzogen, findet in der Liebe,
was sie nicht kannte: sich selbst, eine Identität als Subjekt.
Eingeführt wird sie bei einem Mordauftrag in einem Kühllager, ein
Blick durchs Fernrohr des Gewehrs, über die Straße weg, auf das
Opfer, das in Licht und Leben und Wärme feiert. Dem routinierten,
professionellen Blick folgt ein anderer, ein Blick auf Abwegen, auch durch
ein Fernglas: auf die ihrer Wohnung gegenüber liegende
Straßenküche, den Koch, sie bestellt sich Nudeln und verschwindet.
Hübscher Geist, sagt der Koch, als sie weg ist, aber sie wird sich zunehmend
materialisieren.
Weder eine private Identität noch ein Privatleben soll sie haben.
Keine Erinnerungen, keinen Namen, nur den Bezug auf einen
übermächtigen Vater, der hier eine Frauengestalt ist, ein drohender,
strafender, Aufträge vermittelnder Vater als Frau, die im Moment der
Ablösung der Tochter zudringlich wird. Der Charakter der Killerin ist
mit äußerster Konsequenz gezeichnet: nur eine Sekunde zögert
sie, bevor sie in restloser Erfüllung eines Auftrags ein kleines
Mädchen mit dem Rest der Familie auslöscht. Bei einem anderen Auftrag
zieht sie sich, im Leibwächter des Opfers, einen Feind zu, der nicht
locker lassen wird, der sein Leben der Rache weiht. Dieser Zweikampf wird
zum weiteren Schauplatz dieses Films, zum Ort gewaltiger und tumultuöser
Actionszenen, die stets nicht Duell sind, sondern Jagd der Meute auf die
Killerin. Und doch liegt auch in diesem leidenschaftlichen Hass ein Moment
der Anerkennung, das zur Subjektwerdung der Killerin beiträgt.
Patrick Leung setzt auch in seinen Bildern auf den leitmotivischen
Kontrast von Kälte und Wärme, den er bereits ganz am Anfang in
der in einen Eisblock hineinschmelzenden Patronenhülse emblematisch
eingefangen hat. Das Hongkong des Films ist regnerisch und neblig, eine
Bladerunner-Welt, in die die Sonne nicht dringt und nur in den Begegnungen
zwischen dem Koch und der Killerin gibt es warmes, aber künstliches
Licht. Es kommt jedoch, wie es nicht anders sein kann, zur Kontamination
der beiden Welten: der kalten des professionellen Tötens und der warmen
Küche mit dem etwas geschwätzigen, aber warmherzigen Koch, dem
ihre Identitätsfiktionen als Anhaltspunkt für die Liebe genügen.
Die Killerin tötet privat und im Showdown steht der Koch auf ihrer Seite.
Am Schluss werden sie zueinander gefunden haben, Patrick Leung findet ein
herzzereißend bitteres Bild dafür.
zur Jump Cut Startseite |