Rafael Belvedere (Ricardo Darin) ist verliebt - und wie alle
Verliebten verliert er Raum und Zeit für alles andere. Sein Objekt der
Begierde ist - sein Handy. Es klingelt den ganzen Tag, und egal wo er ist,
mit wem er ist oder was er tut - Rafael ist immer für sein Handy da.
Das von ihm geführte italienische Restaurant hält ihn auf Trab:
Er streitet sich mit Lieferanten, wehrt einen Verkauf wegen der schlechten
Wirtschaftslage ab - mit anderen Worten: Rafael geht voll in seiner
geschäftigen Welt auf.
Seine junge Geliebt Naty (Natalie Verbeke) vernachlässigt er,
ebenso wie seine Tochter Vicky (Gimena Nóbile), seine Ex-Ehefrau Sandra
(Claudia Fontán) nervt ihn nur noch und seine von Alzheimer gezeichnete
Mutter hat er schon über ein Jahr nicht mehr in ihrem Altersheim besucht.
Nur sein Vater vermag noch, ihn zu erreichen. Und besonders mit der Nachricht,
seine Ehefrau Norma, mit der er seit 44 Jahren standesamtlich verheiratet
ist, schlussendlich doch noch kirchlich heiraten zu wollen. Das ist zu viel
für den gestressten Rafael: Er bricht mit einem Herzinfarkt zusammen
und landet auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Gerade noch einmal
dem Tod von der Schippe gesprungen, überdenkt Rafael sein Leben und
möchte fortan alles anders machen
Juan Jose Campanella (u.a. The boy who cried bitch, 1991; El mismo
amor, las mismas lluvias,1999), hat die tragi-komische Geschichte um den
hijo de la novia mitten im Herzen Buenos Aires in Argentinien
angesiedelt. Das Resultat kann sich sehen lassen: wurde der Spielfilm Der
Sohn der Braut doch mit mehreren Preisen ausgezeichnet und sogar als
bester argentinischer Film für den Oscar 2002 nominiert. Dazu kommen
glamouröse Ankündigungen wie Glücksgriff, in
jeder Hinsicht perfekt
provoziert mehr Lacher und Tränen als
alle Filme mancher Jahre zusammen oder einfach genial und universell
lustig.
Ja doch, es gibt eindeutig witzige Szenen und schwarzhumorigen Wortwitz
- ja doch, es gibt eindeutig ergreifende Szenen, die gehörig auf die
Tränendrüsen drücken - aber dennoch hat der Film auch erhebliche
Längen. Allein der lange Einstieg von dem hektischen immer wieder
telefonierenden Rafael langweilt sehr schnell oder der rührselige
Liebesmonolog, den der ansonsten recht humorige alte Herr, Nino Belvedere
(Héctor Alterio), hält.
Besonders lustig ist der Film in den Momenten wie der Film-in-Film-Szene,
die in einem Restaurant spielt. Rafael besucht seinen eigenwilligen
Schauspielerfreund Juan-Carlos (Eduardo Blanco) dort bei einem Dreh zu seinem
neuen Film. Juan-Carlos hat seine besten Zeiten als Schauspieler jedoch gesehen
und wird nur noch zu Statistenrollen gecastet. Die beiden sitzen an einem
Tisch und agieren als Restaurantbesucher. Campanello konnte für den
Film-im-Film keinen geringeren Hauptdarsteller gewinnen als Alfredo Alcón,
einen seit den 50-er Jahren erfolgreichen argentinischen Schauspieler. Den
Regisseur spielt der Hauptproduzent von Der Vater meiner Braut
himself: Adrián Suar.
Zurück zum Restauranttisch: Juan-Carlos trägt ein Geheimnis
in seinem Herzen, das er seinem Freund unbedingt anvertrauen muss, wohl wissend,
das dieses Geheimnis seinen Freund sehr verärgern könnte. Doch
kaum ist die Wahrheit über Juan-Carlos Lippen gekommen, heißt
es vom Set: Ruhe bitte, wir drehen. Die Szene, die nun folgt,
ist Slapstick pur - wie in den besten Zeiten des Stummfilms.
Besonders sentimental wird der Film in den Momenten, wenn es um die
Liebe zwischen Nino Belvedere und seiner Frau Norma (Norma Aleandro) geht.
Zu beobachten, wie abgöttisch und bedingungslos Nino seine kranke Frau
liebt, ist schön - unrealistisch, aber romantisch schön. Noch
schöner wird es, wenn Nino seine Norma mit so viel Liebe im Blick anschaut,
dass der von Alzheimer geplagten Frau ein Lächeln voller Erinnerung
und Erkenntnis über das Gesicht gleitet - und sentimental - für
manch einen auch schön -, wenn der Alte alles daran setzt, seiner Frau
den Wunsch zu erfüllen, den er ihr ein Leben lang verweigert hat: sie
kirchlich zu heiraten. Sie wird schon was merken, erwidert er
auf die Einwände seines geschockten Sohnes.
Die Szenen dieser unzerbrechlichen Liebe zwischen den beiden alten
Menschen sind wohl mit die stärksten Momente des Films - und in ihrer
romantischen Reinheit wie maßgeschneidert für den Filmstart am
zweiten Weihnachtstag. Leider verliert der Film in der deutsch synchronisierten
Fassung an Authentizität und Durchschlagkraft. Ein großes Manko
- würde der Film im Original (Omu) vielleicht mehr Freude bereitet haben.
Die Monologe der feurigen Argentinier mit italienischem Blut in den Adern
kommen hölzern daher. Besonders Rafaels Synchronstimme passt nicht zu
seinem Typ. Und wenn die Schauspieler - Mentalität und Temperament
entsprechend - anfangen mit Händen und Füßen zu reden, wirkt
es in der deutschen Synchronisation wie ein Kursus in
Gebärdensprache.
So sei ein jedem geraten, der in den Vorteil kommt, die Originalfassung
mit Untertiteln sehen zu können, diese Gelegenheit wahrzunehmen. Denn
nichts kann einen Film mehr entstellen als eine schlechte
Synchronisation.
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