"Schreib über Mode", empfiehlt der Chefredakteur seiner
Reporterin im Krankenhaus. Sie war bei ihren Recherchen den Drogenbossen
von Dublin zu nahe gekommen. Ein gezielter Schuss in den Oberschenkel soll
sie abschrecken. Veronica Guerin als "Die Journalistin" lässt sich durch
diese Drohungen nicht beirren - und bezahlt dafür mit dem Leben.
Die australische Schauspielerin Cate Blanchett schlüpfte seit
ihrem internationalen Durchbruch in dem Historiendrama "Elizabeth" in
unterschiedlichste Rollen. Bevor sie im Dezember zum dritten Mal als
Elfenkönigin im Fantasy-Film "Herr der Ringe" zu sehen sein wird, beweist
sie ihre Wandlungsfähigkeit als moderne Heroin in einer wahren Geschichte.
Die irische Reporterin Veronica Guerin wurde im Sommer 1996 ermordet,
nachdem sie über die Geschäfte der Drogenmafia berichtet hatte.
Regisseur Joel Schumacher ("Nicht auflegen!") und Produzent Jerry Bruckheimer,
gerade mit "Der Fluch der Karibik" in den Kinos, gehören zu den
erfolgreichsten Männern im amerikanischen Filmgeschäft. Beide sind
eher auf Action denn auf Charakterstudien abonniert. In "Die Journalistin"
blasen sie die berührende Lebensgeschichte der Veronica Guerin zum
reißerischen Thriller über den Kampf einer Einzelgängerin
gegen das Böse auf.
Ausgerüstet mit Kugelschreiber und Notizblock, schnieke in
Kostüm oder Hosenanzug gekleidet, steigt die burschikose Journalistin
über Heroinspritzen auf Schulhöfen, läuft durch dunkle Hausflure
und trifft ihre zwielichtigen Informanten in Kneipen oder Bordellen. Naiv
wirken ihre unverblümten Fragen und Arbeitsmethoden, umso schockierender
die rohe Gewalt, mit der die Gangster darauf reagieren.
Ihre kleinen Schwächen, wie die Vorliebe fürs Autofahren
bei überhöhter Geschwindigkeit, machen die Heldin mit Lady-Di-Frisur
sympathisch. Zu Hause passt der nachsichtige Ehemann auf den Sohn auf, wenn
sich seine Frau im Einsatz an der Drogenfront verspätet.
Zentimeterdick wird das Pathos aufgespachtelt, so dass unter der
kräftig auf die Tränendrüse pressenden Story die persönliche
Tragik fast verschwindet. Das Ende der Geschichte, das auch ihr Anfang war,
schließt den Kreis. Durch das rechteckige offene Verdeck ihres roten
Sportwagens, durch dessen Fenster zwei Männern von einem Motorrad aus
die tödlichen Schüsse abfeuerten, sieht man die Journalistin über
einem Stapel Zeitungen in ihrem Blut liegen. Doch mit diesem Moment der
entsetzlichen Stille hört der Film nicht auf. Er trägt den
misshandelten Leib mit melodramatischen Bildern zu Grabe. Warum man aus einer
menschlichen Tragödie noch ein bitteres Happy End zaubert, bleibt das
Geheimnis von Hollywood.
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