Michael Pfleghar hat als Regisseur von "Wünsch dir was" oder
"Klimbim" subversive Bomben im Fernsehen platziert, zu Zeiten, in denen Dieter
Hallervorden in Sachen Humor das deutsche Maß aller Dinge war. Seine
Karriere aber begann er mit einem Spielfilm, dem nur noch zwei, leider ganz
erfolglose, folgen sollten - und der doch, womöglich, der erstaunlichste
deutsche Film der 60er-Jahre ist, ein Werk aus dem Geist der Neuen Frankfurter
Schule (zu der es vermutlich keine direkte Verbindung gibt), gegen das deren
spätere Otto-Sprösslinge alt aussehen. Erst Helge Schneider hat
Ähnliches gewagt.
Pfleghar verfilmt den nachkriegsdeutschen Komödien-Hausgott Curt
Goetz (Hokuspokus, Haus in Montevideo), aber nicht etwa eine seiner
recht gründlich, und wahrscheinlich nicht zu Unrecht, in Vergessenheit
geratenen Komödien, sondern seinen erotischen Roman Die Tote von
Beverly Hills. Mit dem Furor eines auf lustvolle Zertrümmerung zielenden
Regietheater-Regisseurs und beträchtlichem formalen Erfindungsreichtum
aber fährt Pfleghar hinein in die Vorlage, nimmt jede Menge ihrer
Plot-Elemente als Geiseln und führt sie als höchst absurde
Versatzstücke vor. Operiert die urdeutschen Schauspieler (und
Nicht-Schauspieler) Heidelinde Weis, Klausjürgen Wussow, Horst Frank
und Wolfgang Neuss mitten hinein in kalifornische Landschaften und
Straßenzüge und Swimmingpools, mitnichten aber in der Absicht,
sie wie dort hingehörig aussehen zu lassen, sondern in der, jeden, noch
den schrägsten Verfremdungseffekt, mitzunehmen und das ganze eher zur
Allegorie der kompletten Fremdheit von Hollywood und 60er-Jahre-Deutschland
auszubuchstabieren.
Zur Freude am Spiel mit der Vorlage kommt die Lust an der Auflösung
aller Sinnstrukturen. Logik steht während der Ermittlungen in dem
Kriminalfall, um den es sich recht eigentlich handelt, nie zur Debatte (die
Mörderinnen sind, wie kaum anders zu erwarten: die Kessler-Zwillinge).
Figuren werden aus dem Hut gezaubert und wieder zurück. Abstruse
Einfälle und köstliche, mitunter auch einfach durch und durch
bescheuerte Dialogzeilen wechseln sich ab, ein Höhepunkt ist die Hochzeit
der Heldin mit einem Archäologen, der seine Liebe in typisch Zuckerscher
(Nackte Kanone) Steigerungslogik zuletzt als Fahrer eines Riesenbaggers
beweist: "Rudolf gräbt alles für mich aus." Ein wirkliches Ereignis
ist Heidelinde Weis, die mit dieser Rolle eigentlich zum Star hätte
werden müssen. Stattdessen gelangte sie auf dem Traumschiff zu Fernsehruhm.
Auch das weitere Schicksal Klausjürgen Wussows ist bekannt. Traurigeres
über den deutschen Film und sein Publikum lässt sich kaum
sagen.
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