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Die unsichtbare Falle
USA 1998
Regie: David Mamet
Mit Campbell Scott, Steve Martin, Ben Gazzara |
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KRITIK
Ironischerweise sind nun gleich zwei Filme im
Kino, die, nun ja, mit Hitchcock zu tun haben. Neben dem 'Dial M for
Murder'-Remake 'Ein perfekter Mord' nun David Mamets neues Werk. Mamet hat
sich freilich nicht einen bestimmten Hitchcock ausgesucht, den er nun für
die Neunziger nachinszenieren wollte. Eher geht es ihm darum, einen Film
zu machen, der sozusagen reine Hitchcock-Essenz ist und also im Ergebnis
gar nicht wie Hitchcock, son- dern ganz wie Mamet, obwohl alles, jedes einzelne
Motiv, von unscheinbaren Objekten wie dem Pfadfindermesser bis zum Gesamt-Plot,
ein fortgesetztes Zitat ist. Eigentümlich ist die Form dieser Zitate,
die nichts mit einer Hommage, bloßer postmoderner Anspielungsfreude
oder gar ohnehin zum Scheitern verurteilter Nachahmung zu tun
hat.
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Vielmehr wird jedes dieser Motive durch
Zuspitzung aufs Extrem seiner Funktionsweise zugleich ad absurdum geführt
und in seinem Konstruktionscharakter ausgestellt. Ein Wunder ist dabei nur,
daß der Film dennoch spannend ist wie ein Hitchcock. Das beginnt und
endet mit dem McGuffin, der hier in seiner Reinform exerziert wird, und diese
Reinform ist die völlige Leere. Hitchcock selbst hat dies immer mit
großer Freude analysiert: im Zentrum eines funktionierenden Thrillers
steht blanke Bedeutungslosigkeit, das Nichts, ein völlig leeres Signifikat,
auf das sich, gerade sei- ner Leere wegen alles bezieht, um das sich alles
dreht. In diesem Fall ist es eine höchst geheime Formel, die mit feiner
Ironie einfach 'the process' genannt wird - und natürlich erfährt
auch der Zuschauer nie, welch großartige Erfindung
dahintersteckt.
Überhaupt versteht Mamet es brillant,
dramatische Ironie einzusetzen - nur weiß man nie, auf wessen Kosten
das geht und immer wieder wird neben der treubraven Hauptfigur der Zuschauer
düpiert, der, obwohl er sehr zu recht an allen Ecken Unrat wittert,
dem windungsreichen Gang der Ereignisse immer nur hinterherhecheln kann.
Und zwar hechelt er gemeinsam mit einem, von Campbell Scott allerdings ohne
alle Abgründigkeit gespielten, archetypischen Hitchcock-Helden, der
immer tiefer in sein Unglück rennt und gestoßen wird, eingekreist
von allen Seiten, und dabei selbstredend völlig unschuldig
ist.
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Was den Film über alles Hitchcockisieren
hinaus zum reinen Vergnügen macht, ist zuletzt aber Mamets eigene
Handschrift. Mamet denkt, anders als Hitchcock, nicht filmisch, sondern in
Szenen und Dialogen. Nicht narrative Eleganz (oder jene charmante Dreistigkeit
mit Abstechern ins Surreale, die vielleicht das Hinreißendste an Hitchcock
ist) zeichnet Mamets Filme aus, sondern große Puzzlekunst. Während
Hitchcock viel mit Schwarzblenden arbeitet, man das aber völlig
übersieht und vom Suspense über jedes dadurch aufgetane Loch zu
einem Zuschauererlebnis wie aus einem Guß gezwungen wird, arbeitet
Mamet hier mit durchaus sanften Überblendungen, was aber, nun ganz im
Gegenteil, nichts daran ändert, daß seine Filmsprache etwas
Abgehacktes und auf die einzelne Szene hin Inszeniertes hat. Das korrespondiert
trefflich mit der durchaus immer ähnlichen Sprache, die Mamet seinen
Figuren in den Mund legt. Es handelt sich, gegen den ersten Anschein,
überhaupt nicht um Dialoge, sondern um Einzeiler, die zu einem
fadenscheinigen Zusammenhang gefügt werden, zuletzt aber fast immer
nur um sich selbst kreisen und jede simple Semiotik, wie sie von Steve Martin
als dem größten Intriganten des Films unverfroren vertreten wird,
ad absurdum führen. Der Trug aller Mamet-Filme (und Stücke) liegt
zu allererst in der Sprache, die in den witzigsten und brillantesten
Formulierungen nichts kennt als sich selbst und, deshalb ist Hitchcock eben
ein Wahlverwandter, (fast) unentrinnbare Verbindungen nur mit leeren Signifikaten
eingeht, die man auch McGuffin nennen kann. Dies ist dann auch das Thema
wie die Form aller Mamet- Werke, so unterschiedlich auf den ersten Blick
ihre Operationsfelder sind. 'Haus der Spiele' sucht sich im Motiv des
(Falsch)Spielens den Ort dieses Trugs, 'Oleanna' im Sprach-Kampf der
Geschlechter, der als ein einziges qualvolles Nicht-Kommunizieren mit vielen
Worten vorgeführt wird. Und wer zuletzt 'Wag the Dog' gesehen hat, ein
Film, der eher eine Drehbuch-Auftragsarbeit von Mamet war, weiß ohnehin,
wovon ich rede.
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