Schüttle dein Haar
Das oberste Gebot der Frauenzeitschriften heißt: Sei schlank,
schön und schick. Ihr modernes Abziehbild bilden die Drei Engel
für Charlie - Volle Power. Im zweiten Teil des Films kämpfen
Drew Barrymore, Lucy Liu und Cameron Diaz ab Donnerstag wieder im Auftrag
von Charlie, der körperlosen Stimme aus dem Lautsprecher.
Schüttle deine verdammten Haare, hieß es vor
drei Jahren erstmalig, als die rauflustigen Engel auf die Leinwand sprangen
und mit ihren akrobatischen Kunststücken an der Kinokasse Rekordsummen
einspielten. Wie ihre Vorgängerinnen aus der amerikanischen Fernsehserie
der 70er schlugen die wetterfest geföhnten Detektivinnen des 21.
Jahrhunderts ungezählte Bösewichte in die Flucht.
Mit gezieltem Kinnhaken, Raum greifendem Flic-Flac oder couragiertem
Drahtseilakt in ausweglosen Situationen malträtierten das autonome
Hippie-Mädchen Dylan (Drew Barrymore), die Muffins backende Streberin
Alex (Lucy Liu) und der naive Sonnenschein Natalie (Cameron Diaz) die
Männer dieser Welt. Ahnungslose Lebensabschnittsgefährten (Matt
LeBlanc, Luke Wilson) bekamen wegen Missinterpretation von Sanftheit ihr
Fett ab.
Weibliche Action-Darstellerinnen sind seit den Alien-Filmen
mit ihrer androgynen Heldin Sigourney Weaver, der Polizistin Jamie Lee Curtis
in Blue Steel und der intellektuell ambitionierten, aber
hauptsächlich lecker proportionierten Angelina Jolie als Lara
Croft en vogue. In der um einige verwegene Stunts mit den inzwischen
obligatorischen Martial-Art-Elementen angereicherten neuen Folge der Drei
Engel für Charlie dient die sinnfreie Handlung wieder lediglich
als humoriges Vehikel für permanente Action sowie Orts- und
Klamottenwechsel.
In diesem Fall steht die nationale Sicherheit auf dem Spiel. Zwei
silberne Ringe, auf denen die Daten eines Zeugenschutzprogramms gespeichert
sind, wurden gestohlen. Hinter dem Raub der Schmuckstücke steckt ein
(Rache-) Engel, der dem Mann, dessen Stimme - Ex-Denver Clan-Boss
John Forsythe - aus dem Lautsprecher Aufträge erteilt, nicht zu Diensten
sein wollte. Der Weg in die Selbstständigkeit führte vom Pfad der
Tugend ab. Demi Moore verkörpert nach fünfjähriger
Leinwandabstinenz die dunkle Seite der Madison Lee mit Präzision. Ihrem
Körper, aus den Filmen Striptease und Die Akte Jane
noch in Erinnerung, trieb die 40-Jährige jeden schlaffen Muskel aus.
Im Gegensatz zu den sich ständig auf die Schippe nehmenden drei
guten Engeln, die sich vielleicht mit mehr Yoga entspannten, wirkt Demi Moores
Performance des gefallenen Engels seltsam ernsthaft. Wenn sie im
geöffneten, bodenlangen braunen Pelzmantel, durchscheinende
Spitzenunterwäsche am Leib mit der goldfarben glänzenden riesigen
Waffe vor dem flackernden Kaminfeuer spielt, qualifiziert sie sich für
einen der nächsten James-Bond-Filme, bleibt unter den selbstironischen
und bodenständigen Damen seltsam deplatziert.
Wie man kräftig zuhaut und dabei immer sexy rüberkommt,
zeigen die drei Schauspielerinnen beim Moto-Cross, Wrestling oder auch beim
Schweißen auf der Werft (einer von vielen Filmbezügen, hier eine
Szene aus dem Tanzfilm Flashdance, wenn Jennifer Beals als Alex
(!) unter den sprühenden Funken ihres Schweißgerätes die
Schutzkappe lüftet und die Lockenmähne schüttelt
).
In einer wohl meinenden Annäherung könnte man diesen Barbiefilm
für große Mädchen (und Jungs) aufgeschlossen interpretieren:
als Verspottung des kategorischen Imperativs der bunten Illustrierten mit
den eigenen Mitteln - durch einen abgrundtiefen Griff in die gut sortierte
Klischeekiste. Wer diesem Ansatz nicht folgen und Frauenzeitschriften sowieso
nicht gutheißen kann, wird die zweite Folge von Drei Engel für
Charlie aus vollem Herzen hassen.
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