Es ist eine der luftigsten Szenen in dem ansonsten
schwerfälligen Film "Eine Affäre in Paris": Die himbeerrote Handtasche
von Isabel Walker fliegt im hohen Bogen vom Eiffelturm. Wer den Preis der
superteuren "Kelly Bag" kennt, kneift im Konsumschmerz die Augen für
einen Moment zusammen.
Regisseur James Ivory hat das Korsett seiner Kostümfilme
aufgeschnürt und studiert die menschlichen Verhaltensweisen dieses Mal
in der französischen Oberschicht. Woher diese Affinität zu den
feinen Leuten wohl rührt?
Seit 40 Jahren produziert Ivory gemeinsam mit dem Produzenten Ismail
Merchant Filme, eine Kontinuität, die den beiden 2001 bei der Premiere
von "The Golden Bowl" mit Uma Thurmann und Nick Nolte den Eintrag ins
Guinness-Buch der Rekorde für die "längste Partnerschaft im
Unabhängigen Kino" einbrachte.
Dieses Mal also kein gediegenes Historiendrama. "Eine Affäre
in Paris" spielt in der Gegenwart. Isabel kommt aus Kalifornien an die Seine,
um ihre mit einem französischen Maler verheiratete Schwester vor der
Geburt des zweiten Kindes zu unterstützen. Dort angekommen, erfährt
sie, dass sich der Schwager aus dem Staub gemacht und eine Affäre mit
einer Russin angefangen hat.
Während die ältere Schwester leidet, amüsiert sich
die jüngere und passt sich nach und nach den Gepflogenheiten der Franzosen
an (so, wie es sich eine amerikanische Autorin vorstellt. Auf dem Bestseller
"Le Divorce" von der Amerikanerin Diane Johnson basiert der Film). Kunstvoll
geknotetes Halstuch, glatt geföhnte Haare, eine feminine Garderobe inklusive
kostbarer Dessous und perfekte Tischmanieren in Nobelrestaurant, die Isabel
bald mit dem älteren ihrer beiden Geliebten besucht, gehören zu
der Verwandlung vom kalifornischen Flip-Flop-Girl zur distinguierten
Mademoiselle.
In aller Unschuld schwenkt sie das Symbol ihres Mätressenstatus'
- die knallrote Kelly Bag - vor den Augen der schockierten Verwandtschaft
hin und. Der Onkel des untreuen Schwagers pflegt dieses Taschenmodell seinen
Geliebten zu schenken. Das weiß auch seine Ehefrau.
Ohne Korsett und Adelsknigge geht mit Ivory und Merchant jedoch der
Gaul durch: das Rätsel um ein wertvolles Gemälde, ein Selbstmord-
und ein Mordversuch, ein erfolgreicher Exitus - den Fundort hat der blasierte
Maler wirklich nicht verdient - beladen die Story um das Aufeinanderprallen
der Kulturen mit unnötigem Ballast.
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