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Ein wahres Verbrechen
USA 1999
Regie: Clint Eastwood
Mit Clint Eastwood, Isaiah Washington, James Woods
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Clint Eastwood ist der derzeit
interessanteste Fall eines Stars, Musterbeispiel und Sonderfall zugleich.
Stardom als nachromantische kollektive Konstruktion von Autorschaft,
eine immer nur partiell beherrschbare Identität (auf Schauspielerseite:
durch Rollenauswahl und Darstellungsmittel; auf Zuschauerseite: durch
Identifikationen und Konjunkturen), läßt sich an Clint Eastwood
wunderbar demonstrieren, der im Laufe seiner langen, durch diverse Auf und
Abs nur noch mustergültigeren Karriere doch immer ein Star geblieben
ist. Und das heißt: ein Schauspieler, der jeden seiner Filme dazu
verurteilt, in erster Linie ein East- wood-Film zu sein.
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Ungewöhnlich, wenn nicht
einmalig (vielleicht fiele einem noch Woody Allen ein) derzeit, ist die so
konsequente wie überraschungsreiche Arbeit an der Figur, die 'Eastwood'
durch alle Rollennamen und Filmgenres hindurch weniger verkörpert als
entwirft. Die Identität dieser Figur ist plural in doppelter Hinsicht:
es gibt die Variation (des schweigsamen Helden im Western oder in der
Großstadt; in gerechter oder nicht so gerechter Mission; psycholo-
gisch oder mythisch; mehr heroisch oder mehr ironisch etc.) wie auch die
Entwicklung, die entlang des Alterns der Eastwood-Helden beschrieben wird.
Spätestens mit 'Unforgiven' ist das Stadium des Alterswerks erreicht.
Erstaunlich ist, wie konsequent Eastwood (als Schau- spieler und Regisseur)
an der Figur weiterschreibt.
Der Protagonist von 'True Crime' ist Variation
und Weiterentwicklung des Protagonisten von 'Unforgiven'. Und wäre nicht
zu denken ohne den bisher düstersten Entwurf in 'Der Wolf hetzt die
Meute'. Die Helden beider Filme stehen am Abgrund des völligen Versagens,
des Bankrotts ihrer Ansprüche auf Anerkennung wie Moral, privat wie
beruflich. In 'True Crime' sind beide Ansprüche freilich auf bedenkliche
Weise miteinander verknüpft - das berufliche Überleben und das
Bestehenkönnen vor sich selbst. Und so geht es, in gewisser Weise, um
mehr als nur einen Fall auf Leben und Tod. Der Erlösung harren der zum
Tode Verurteilte und der Reporter, deren Schicksale in diesem Film miteinander
verknüpft sind. Die Parallelmontage ist dabei das grundlegende Prinzip
des Films, zur wirklichen Begegnung der beiden Hauptfiguren kommt es nur
zwei mal, die Zuspitzung auf den seidenen Faden hin, an dem zuletzt beider
Leben hängt, geschieht dabei in ganz meisterhafter Seelenruhe. Problematisch
wird diese Kaltschnäuzigkeit allerdings genau dann, wenn der Moment
der totalen Auslieferung des Opfers im Hinrichtungsraum in einer klassischen
Thriller-Montage im Versuch der Rettung in letzter Sekunde zum Moment der
größten narrativen Spannung des ganzen Films wird.
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In der Auseinandersetzung mit der Todesstrafe, die
der Film eben auch ist, schlägt er etwa 'Dead Man Walking' um Längen.
Während das Argument gegen die Todesstrafe dort über die
gräßlich christliche Idee der Reue und Sühne durch Reue des
schuldig Verurteilten lief (und also gar nicht wirklich gegen die Todesstrafe,
der der nicht bereuende im Umkehrschluß wohl gerechterweise ausgeliefert
wird), ist das Argument hier das der Fehlbarkeit, mehr noch: Voreingenommenheit
der Gerichte, die Möglichkeit, daß, wie hier, ein Unschuldiger
hingerichtet wird. Alles Predigen verbietet sich der Film dabei, aber das
versteht sich von selbst, denn gepredigt wurde in Eastwood-Filmen noch nie.
Immerhin spielt 'True Crime' Versöhnung als mögliches Ende gegen
die sonst typische Gnadenlosigkeit aus. Strukturell aber bleibt die
Eastwood-Figur die Personifikation entschlossener Blindwütigkeit, mit
der in diesen Filmen die Dinge ihren Lauf nehmen. Nicht die Rache diesmal,
sondern die Erlösung. Bis auf weiteres.
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