"Frailty" ist das Regiedebüt des Schauspielers Bill Paxton,
ein bedrückender Film, der über weite Strecken unter die Haut geht
und dessen Stärken deutlich im atmosphärischen Bereich liegen.
Hätte sich Erstlingsautor Brent Hanley am Ende nicht in seinen eigenen
Wendungen verheddert, wäre vielleicht sogar ein großer Thriller
entstanden.
"God's Hand" ist ein Serienkiller der Sparte cause God told
me so - ein Mörder mit vermeintlich göttlichem Auftrag und
blütenrein-christlichem Gewissen. Seit nunmehr zwanzig Jahren hält
er das FBI in Atem. Die Zeitungsberichte, die von den ersten Funden
zerstückelter Leichen berichten, sind längst vergilbt. Eine Akte,
die anscheinend nie geschlossen werden kann, mit einem Wahnsinnigen auf freiem
Fuß, der seine Mission mit unerbittlicher Präzision
verfolgt und niemals Spuren hinterlässt. Da betritt eines Nachts ein
junger Mann das FBI-Headquarter in Dallas und behauptet, die Identität
des Killers zu kennen! Mit unverhohlenem Misstrauen lauscht Agent Doyle (Powers
Boothe) der schier unglaublichen Geschichte von Fenton Meeks (Matthew
McConaughey), deren Anfang lange zurück liegt.
Flashbacks führen uns in die 70er Jahre, als die Welt für
den damals Neunjährigen und seinen kleinen Bruder Adam völlig in
Ordnung war. Bis zu dem verfluchten Tag, als Gott ihrem Vater eine Botschaft
sandte: auserwählt sei er, Dämonen in Menschengestalt zu vernichten,
mit Axt, Eisenstange und Handschuhen als Werkzeuge. Als er kurz darauf die
göttlich erstellte Liste der ersten sieben Opfer erhält, macht
sich Daddy daran den teuflischen Sündern einen nach dem anderen den
Kopf abzuhacken. Während Fenton (Matthew OLeary in der Rolle des
Neunjährigen) mit aller Macht versucht, den Vater zur Räson zu
bringen, ist Bruder Adam (Jeremy Sumpter) noch zu klein, um zu begreifen,
dass Dad übergeschnappt ist...
Was wie ein Puzzle beginnt und an entsprechend verschachtelte Thriller
wie "The Usual Suspects" erinnert, entwickelt sich mit zunehmender Zeit immer
weiter weg vom klassischen Genrekino, hin zum Drama, um am Ende leichtfertig
zu verspielen, was zuvor an Vielschichtigkeit aufgebaut wurde. Dennoch: das
Außergewöhnliche an dem Film ist ein Geniestreich des Drehbuchautors,
der die Kernfrage des Films, nämlich wie verhält es sich mit
religiöser und politischer Indoktrination, in eine ungewöhnliche
Dreierkonstellation einbettet. Während für Adam der Vater, der
für seine Kinder nur das Beste will, in seiner Allwissenheit unantastbar
bleibt, ist Fenton alt genug, um in Frage zu stellen und zu rebellieren.
Alle drei werden an dem immensen Druck, der dieser alptraumhaften
familiären Situation immanent ist, zerbrechen.
Zumindest geht der Film bis zu Beginn des dritten Aktes diesen Weg.
Leider nimmt man auf dem "Highway to Hell" die letzte Ausfahrt und landet
in Mysterygefilden à la Akte X. Umso bedauerlicher, als sich in der
Rückbetrachtung scheinbar bewußt angelegte Irritationen und
Verunsicherungen, die Daddys Wahnsinn plötzlich gar nicht mehr so wahnsinnig
erscheinen lassen, als vergleichsweise banale Plottricks entpuppen, die uns
an die Hand nehmen sollen um später die zu befürchtenden Wendungen
zu schlucken. Alles in allem ein sehenswerter Film, der so sehr viel mehr
hätte sein können.
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