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Gohatto - Taboo
Japan 2000
Regie: Nagisa Oshima
Mit Ryuhei Matsuda, Takeshi Kitano
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Eine Kritik von
Elisabeth Wolf
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KRITIK
Nagisa Oshima meldet sich nach mehr als 14 Jahren Abstinenz vom Kino
mit einem Film über homosexuelle Liebe unter Samurai zurück.
Kyoto im Jahre 1865. Die Shinsen-gumi-Miliz rekrutiert junge Männer
zur Aufstockung der Truppen. Deren Aufgabe wird es sein, das Shogunat zu
stützen, denn das Land befindet sich in einer Phase des Umbruchs, die
alte Ordnung wird sowohl vom Einfluss westlicher Mächte bedroht, gegen
die sich das alte Japan abzuschotten versucht, als auch durch innere
Machtkämpfe und Kräfteverschiebungen. Was das japanische Publikum
weiss: wenige Jahre nach dem Zeitpunkt der Geschehnisse im Film sollten das
Shogunat wie die Kaste der Samurai entmachtet, sämtliche Mitglieder
der Miliz exekutiert werden, worauf die Öffnung und Modernisierung Japans
folgte.
Doch diese zukünftigen Ereignisse werfen noch keinen Schatten
des Untergangs auf die Geschichte von Gohatto. Der Neuankömmling Sozaburo
Kano ( gespielt von Ryuhei Matsuda ), ein erst 18jähriger Jüngling,
bringt Aufregung in die Männergesellschaft. Denn mit seiner androgynen
Schönheit verwirrt er die Gefühle und weckt Begierden. Der Unerfahrene
kann sich den Avancen und Umwerbungen anderer Truppenmitglieder und auch
Vorgesetzter kaum erwehren. Schon allein optisch sticht er heraus, ganz in
blütenweiss gekleidet inmitten der schwarzen Gewänder der anderen
Truppenangehörigen.
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Als Kano ausgewählt wird, als Mutprobe eine Exekution
durchzuführen, bewältigt er die Aufgabe zum Erstaunen aller,
da im vermeintlichen Gegensatz zu seiner äusseren Erscheinung
ohne mit der Wimper zu zucken.
Takeshi Kitano spielt Toshiro Hijikata, einen Leutnant, der die Szenerie,
die sich seinen Augen bietet, eher beobachtet als aktiv an den Geschehnissen
teilzunehmen. Stellenweise übernimmt der Film seine Perspektive und
man erhält Einblick in seine Gedanken, Ansichten und Kommentare zum
Verhalten der Truppenmitglieder.
Doch Sozaburos überirdische Schönheit und die Faszination,
die er auf andere ausübt, gefährden mehr und mehr den inneren
Zusammenhalt der durch Ehrenkodex, Kameradschaft und Blutzoll
zusammengeschweissten Männergemeinschaft. Die Spannung entlädt
sich in Gewaltausbrüchen, es kommt zu zunächst ungeklärten
Mordfällen.
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Oshima widmet sich wieder einmal seinem Lieblingsthema, der
Macht der Sexualität, den zerstörerischen Kräften irrationaler
Leidenschaften, welche Menschen steuern und sie dazu bewegen, die für
das Zusammenleben im Konsens aufgestellten gesellschaftlichen Spielregeln
zu brechen und moralische Verhaltensnormen zu überschreiten.
Sexualität und Tod verbinden sich bei Oshima.
Doch Oshima inszeniert diese dramatisch klingende Handlung sehr entspannt,
distanziert von den Figuren und mit Humor wobei die Charakterkomik
dem westlichen Zuschauer oft entgeht.
Der Film wirkt streng durchkomponiert jedes Bild hat die
Schönheit eines Gemäldes. In Gebäuden dominieren rot-braune
Töne, welche die Protagonisten in ein sanftes Licht hüllen und
die Atmosphäre der Homoerotik verstärken der Regisseur kann
sich wirkliche sexuelle Szenen grösstenteils schenken. Unterstrichen
werden die ästhetischen Bildkompositionen durch eine geniale musikalische
Untermalung von Ryuichi Sakamoto, welche die Harmonien traditioneller japanischer
Musik mit der Klangvielfalt durch Computer erzeugter Musik vereint. Sie ist
genau auf die Stimmungswechsel der Bilder, wie Lichtwechsel oder Gestiken
der Figuren, abgestimmt.
Den Höhepunkt findet der Film in der furiosen Schlussszene, die
sich vor dem Hintergrund eines Gewittereinbruchs in einer nächtlichen
Moorlandschaft entrollt.
Die grosse Schwäche des Films ist aber die Undurchsichtigkeit
des Innenlebens der Figuren. Die Logik ihrer Emotionen und Motivationen ihrer
Handlungen sind manchmal so unergründlich als trügen sie Masken.
Dadurch verweigern sie einem jegliche Empathie was dazu führt, dass
der Film sehr unterkühlt wirkt. Dieses Problem liegt nicht ausschliesslich
nur in der Unkenntnis östlicher Umgangsformen des westlichen
Betrachters.
In der Schweiz ist Gohatto bereits Mitte Mai in den Kinos angelaufen,
für Deutschland scheint sich bisher kein Verleih gefunden zu
haben.
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