Am Anfang gibt es nichts und niemanden als Kohei und Kinuko, das
Liebespaar, zweisam vereint in freier Natur, keine Menschen und keine Grenzen
in Sicht. Kazama Shiori lässt dieses Bild lange stehen, der Dialog scheint
der zweier Liebender, bis Kohei zum Aufbruch mahnt: es ist Sonntag, nicht
Dienstag. Das Idyll, zeigt sich schnell, hat getrogen: Kohei hat eine Frau
und ein Kind, nur dienstags hat er Zeit für Kinuko, sie treffen sich
im Hotel, nie bei ihr zu Hause, für jede weitere Begegnung muss Kohei
sich aus seiner Familie, die er nicht aufgeben will, davonstehlen.
Kinuko redet sich ein, dass sie nicht einsam ist, nicht unglücklich,
geht ihrer Arbeit in einem Reisebüro nach, weiß sich gegen das
Geschwätz der Kollegin zur wehren; da begegnet sie Hijiri, einer ehemaligen
Arbeitskollegin und deren Freund - nicht Liebhaber - Manabe. Der hat es auf
Kinuko abgesehen, aber, wie sich bald und in einem völlig schlüssigen
Nach und Nach zeigt: nicht alleine. Hijiri kümmert sich um Kinuko, als
sie sich erkältet, ja, sie zieht in die freie Nachbarwohnung. Sie
entführt sie auf das Dach eines Wolkenkratzers, sie haben einen wunderbaren
Abend, bis Hijiri Kinuko ihre Liebe gesteht.
Kazama Shiori lässt ihren Figuren viel Zeit, schenkt ihnen
Einstellung um Einstellung, ohne dass viel passiert, leichte Verschiebungen
der Nuancen, minimale Annäherungen und Veränderungen, das alles
ohne dass irgendwas erklärt, ohne dass mehr als das nötigste geredet
werden muss. Schnell ist man hingerissen von der scheinbaren Absichtslosigkeit
der Inszenierung, die sich unversehens doch immer wieder zu überaus
prägnanten Tableaus verdichtet: die Anfangseinstellung in der Natur;
Kohei und Kinuko beim Tischtennisspiel auf einem verunglückten gemeinsamen
Urlaubsausflug; eine Annäherung über die Balkontrennwand hinweg.
Nichts ist symbolschwer an den klaren Einstellungen des Films, nichts
wirkt gesucht - und doch gelingen Shiori ein ums andere Mal höchst
prägnante Bilder von unaufdringlicher Genauigkeit. Selten nur benötigt
sie dafür Close-Ups (einmal etwa auf die Hände der Liebenden),
arrangiert die Figuren halbnah in den liebevoll ausgestatteten Innenräumen.
Auf ihre vier Hauptdarsteller kann sie sich dabei blind verlassen, sie wahren
die richtige Balance zwischen Offenbarung und Bewahrung ihrer Gefühle,
ihrer Beweggründe, ihrer Gedanken. Die Wendungen der Geschichte sind
so niemals vorhersehbar, immer wieder stehen verschiedene Wege als in der
Logik der Figuren gleich mögliche offen. Kein Wunder, dass Shiori noch
ein ambivalentes, gerade darin höchst einleuchtendes Ende gefunden
hat.
zur Jump Cut Startseite
|