Elf Freundinnen sollt ihr sein
Wenn eine 18-Jährige den Fußballer David Beckham wie einen
Popstar verehrt und davon träumt, an seiner Seite zu spielen, sind Probleme
programmiert. In Kick it like Beckham haben die aus Indien stammenden
Eltern andere Pläne mit ihrer Tochter.
Ihr Küken soll kochen lernen, Jura studieren und einen netten
indischen Mann heiraten. Statt für die Zubereitung eines Currys interessiert
sich Jess (Parminder Nagra in ihrem Kinodebüt) aber nur für den
runden Ball. Heimlich trifft sie ihre Freunde im Park und zeigt den Jungs,
wie man über den grünen Rasen dribbelt und das Leder geschickt
im Tor versenkt. Dabei wird die talentierte Ballakrobatin von Jules (Keira
Knightley, Star Wars: Episode 1) beobachtet, die in einem
Frauenfußballclub trainiert. Sie lädt Jess ein mitzuspielen.
So wie Billy Elliott in dem gleichnamigen Kinofilm seine Familie mit
dem für einen Jungen untypischen Wunsch nach Ballettunterricht (I
will dance) schockierte, rebelliert die in London geborene Tochter
einer indischen Immigrantenfamilie gegen die traditionellen Vorstellungen
der Eltern. Jess will Fußball spielen. In ihrer Leidenschaft für
den Teamsport wird sie sowohl von ihrer neuen Freundin Jules als auch von
Trainer Joe (Jonathan Rhys Meyers, Velvet Goldmine)
unterstützt.
Die in Großbritannien lebende Regisseurin Gurinder Chadha streut
in ihren dritten Spielfilm Zutaten des Bollywood-Kinos. Wie in den indischen
Filmen, die - ähnlich dem Musical - eine romantisierte Handlung mit
viel Gesang und Tanz in epischer Länge erzählen, betont sie den
musikalischen Aspekt: Sie schneidet die Fußballszenen zum Beispiel
weniger als sportives denn als rhythmisches Ereignis.
(Alb-)Traumsequenzen werden in die realen Abläufe integriert.
Etwa wenn Jess vorm entscheidenden Elfmeter statt der Abwehr der gegnerischen
Mannschaft ihre heftig gestikulierende Mutter und die Tanten in bunten Saris
vor dem Tor stehen sieht. Zudem besetzte die Regisseurin mit Anupam Kher
als Jess Vater einen der prominentesten Vertreter des
Bollywood-Kinos.
Darüber hinaus thematisiert Chadha interkulturelle und
geschlechtsspezifische Konflikte, die entstehen, wenn Frauen eine
Männersportart ausüben: Der Griff zum Sport-BH statt Rüschen-Bra
oder eine kameradschaftliche Umarmung führt zu Missverständnissen
mit Jules Mutter, die annimmt, dass ihre Tochter lesbisch ist. In der
indischen Familie gibt es Stress, weil die Tochter in kurzen Hosen spielt
und sich für einen Briten interessiert.
Am Ende lösen sich - wie bei dieser Art Feel-good-Movie üblich
- alle Reibungspunkte in Wohlgefallen auf. Etwas weltfremd, aber mit
emanzipatorischem Anspruch gelingt Kick it like Beckham die Symbiose
zwischen indischem Überschwang und britischem Humor. Und der Film setzt
David Beckham, dem Skinhead (Zitat Jess Mutter), ein
sportliches Denkmal.
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