Lucrezia Martel: La Ciénaga (Argentinien 2001)

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Lucrezia Martel: La Ciénaga (Argentinien 2001)

Argentinien / Spanien 2001 - Regie: Lucrecia Martel - Darsteller: Martín Adjemián, Diego Baenes, Leonora Balcare, Sofia Bertolotto, Juan Cruz Bordeu, Graciela Borges, Mercedes Morán - FSK: ab 12 - Fassung: O.m.U. - Länge: 102 min. -

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Lucrezia Martel: La Ciénaga (Argentinien 2001)
Kritik von Ekkehard Knörer

 Martel: La Cienaga

Still und trüb liegt der Swimmingpool, irgendwo in den Bergen, irgendwo in Argentinien, darum herum, ebenso trüb und bis zur Apathie besoffen, eine Familie, mit der es zu Ende zu gehen scheint. Klappstühle werden über den Steinboden gehoben, es fehlt die Kraft, sie geräuschlos zu tragen, Metall kratzt auf Stein, dann die Körper, denen die Kamera so nahe rückt, dass man verkantet und unscharf Beine sieht und Oberkörper, schlaffes Fleisch, dann fällt ein Glas zu Boden, Scherben, die Tochter, zuvor noch träge eine junge Frau umschlingend im Innern des Hauses, nun eilt sie herbei, richtet ihre Mutter auf, die sich Schnittverletzungen am Dekolletee zugezogen hat, man fährt, nach einigem Hin und Her, hinunter in die Stadt, ins Krankenhaus.

So geht es fort. Bewegungen in einem Schlamm aus zäher Zeit, einem Morast von Beziehungen, in denen es nicht vorwärts geht und nicht zurück, in denen ein Begehren lauert, aus denen Gewalt herausbrechen könnte, und zuletzt geschieht meist nichts. Eine Kuh steckt fest, in den Bergen, die Kinder mit Gewehren im Anschlag. Gregorio, der sich als lächerliches und lächerlich gemachtes Zeichen gegen den Verfall die Haare färbt, der nicht einmal zu sexuellen Eskapaden mehr in der Lage ist, der von seiner Frau aus dem Schlafzimmer vertrieben wird. Mecha, das instabile Zentrum der Familie, verlässt das Bett kaum mehr, verarztet ihre Schnittwunden, bekommt Besuch von Tali, ihrer Cousine aus der Stadt, und deren Kindern. Lädiert sind auch sie, die Kinder, die eigenen, die fremden, ein Sohn hat, man weiß nicht wie, ein Auge verloren, einer hat Kratzer im Gesicht, einem anderen wächst ein Zahn zu viel, eine Tochter, makellos sonst, hat eine Narbe am Kinn, als wäre es das Zeichen einer Infektion. Momi, äußerlich unverletzt, ist die Ausnahme, nicht darin, dass sie zur Artikulation ihrer Wünsche fände, blind und wild und hoffnungslos klammert sie sich an das Indio-Mädchen Isabel, aber darin, dass hier Wünsche aufzuflackern scheinen, die über das hinausstreben, was trostlos ist (weiter jedenfalls als zur Einkaufstour nach Bolivien, von der die Mütter sprechen, eine Tour, natürlich, die nie stattfindet). Vielleicht auch nicht, sie ist die einzige, die in den Swimmingpool springt, mitten hinein, sozusagen, ins trübe suppende Symbol, auf das der Film die Lage bringt.

Schlingpflanzengleich ineinander verschränkt nicht nach den Regeln des Sozialen, sondern des Vegetierenden, des Einander-Nichtnahekommens, des Voneinander-Nichtloskommens treiben die Konstellationen der Figuren an der Kamera vorbei. Die aber blickt nie von außen, vermittelt keine Orientierung, übernimmt gelegentlich sogar die Perspektive einer der Personen: der Blick, den sie vermittelt, ist nicht scharf, zwingt einen dicht ran, hinein beinahe ins Geschehen. Erklärung findet nicht statt, einzig im wiederkehrenden Motiv der Marienerscheinung drängt sich, was schade ist, so etwas wie eine existenzielle Deutung auf: eine gottverlassene Gesellschaft. Materialer schon, passender und leise komisch, die Ankunft des Kühlschranks Upsala vor der Bettgruft Mechas. Das weitere Schicksal scheint besiegelt, die Immobilität hat gesiegt.

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