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Sofia Coppola: Lost in Translation (USA 2003)
Kritik v
on Ulrike Mattern

 [Image]

Vom Fremdsein

Sofia Coppola hat ein Gefühl für schöne junge Frauen. So schleckt die blonde Kirsten Dunst in der ersten Szene ihres Debütfilms "The Virgin Suicides"* (1999) in Gedanken versunken an einem roten Wassereis am Stiel. Mitten auf der Straße, in einem Städtchen mit ordentlichen Vorgärten und Bürgersteigen. Sekundenlang hält die Kamera diese Szene fest, bis das Mädchen in seinem semitransparenten rosefarbenen Shirt selbst aus dem Bild geht.

"Lost in Translation", der zweite Film der 29-jährigen Tochter von Regisseur Francis Ford Coppola, zeigt in der ersten Szene minutenlang den in einem lichtdurchlässigen pinken Slip gekleideten Po der Hauptdarstellerin Scarlett Johansson. Bei der Aufführung während des Filmfestivals in Venedig pfeifen und johlen (männliche) Zuschauer an dieser sich quälend in Länge ziehenden Stelle. Die leichte Irritation ob dieser Zurschaustellung der weiblichen Kehrseite vergeht rasch. "Lost in Translation" zeigt nicht das Erwartete, bewegt sich statt dessen in einem Zwischenreich der Andeutungen, Begegnungen und Blicke. Zu diesem Film ist so viel und meist Schwärmerisches geschrieben worden. Was kann man noch hinzufügen? Vielleicht, dass man in seinem Kontext "Stupeur et Tremblements" von Alain Corneau sehen sollte - der Film hat aber leider bislang keinen deutschen Verleih und wurde im letzten Jahr auf dem Filmfestival in München gezeigt - oder alternativ den Roman "Mit Staunen und Zittern" von Amélie Nothomb (bei Diogenes), lesen sollte, die Drehbuchvorlage, um das faszinierend Beängstigende oder sogar Abstoßende in der japanischen Kultur aus europäischer (Frauen-)Sicht zu begreifen.

In ihrem Blick aus dem Büro- bzw. Hotelfenster auf die Skyline von Tokio ähneln sich die unsichere Charlotte (Johansson) und die der Willkür eines einheimischen Unternehmens ausgelieferte Amélie (Sylvie Testud). Amélie fliegt in einem Tagtraum über die Wolkenkratzer hinweg, Charlotte taucht in die Straßenschluchten mit ihrem Lebensabschnittgefährten - hier macht das Wortungetüm Sinn - Bob (Bill Murray) ein. Wie kann man zwei tieftraurige Filme machen und den Zuschauer trotzdem dazu bringen, sich nach dem Abspann ähnlich schwerelos zu fühlen wie die jungen blonden Luftgeschöpfe aus dem Film?

* nach dem Roman von Jeffrey Eugenides: Die Selbstmord-Schwestern (dtv)

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