Vishal Baradwaj: Maqbool  (Indien 2004)

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Vishal Baradwaj: Maqbool  (Indien 2004)
Kritik von Ekkehard Knörer

 

Keine Hexen. Stattdessen zwei Polizisten, klug und korrupt, zuständig für comic relief und Prophetie. Und nicht der Wald, die See nähert sich dem Haus. Mumbai statt Schottland, die Clans der Mafia an Stelle von Königen und Nimmi ist nicht Lady Macbeth, sondern, zurück transponiert, Duncans Frau und die Eifersucht ihres Geliebten Maqbool ihr wichtigster Hebel. Der Übersetzungen sind also viele, vom historischen Schottland ins präzise Heute von Mumbai, und doch sind die wichtigsten Strukturen und in diesen Strukturen die wichtigsten Züge des Shakespeare-Stückes nur zur besseren Kenntlichkeit fürs indische Publikum entstellt.

Abbaji ist der Herrscher, der gemeuchelt wird und Maqbool wie Nimmi wollen seinen Thron. Er ist auch, dies eine der hübschen Nebenpointen des Films, Herrscher über Bollywood, dessen mafiöse Verstrickungen notorisch sind. Gelegenheit zu Insider-Jokes, die so wenig deplatziert wirken wie der Rest des Lokalkolorits. Vom ersten Bild an ist es dem Film sehr Ernst mit seiner Geschichte, die mit Sorgfalt erzählt wird. Die Musik drängt nie in den Vordergrund - dabei ist Regisseur Vishal Baradwaj von Haus aus Komponist -, wird vielmehr narrativ saumlos integriert. Kein Exzess, nicht einmal in der Liebe. Die Charaktere werden entwickelt, die Linien zukünftiger Intrigen vorbereitet. Grandios ausnahmslos die Darsteller.

Das Gelingen der Transposition erweist sich nicht zuletzt in der Mühelosigkeit, mit der "Maqbool" überzeugte, auch ohne Shakespeare. Das andere große Vorbild, mit Vätern, Söhnen, Verrat, Nachfolge und Ehrenfragen, ist natürlich "Der Pate" und, sehen Sie selbst, Pankaj Kapoor, ganz zu Eis gefrorenes Feuer, kann es mit Marlon Brando aufnehmen. Die Verschiebungen in Richtung Bollywood sind sinnvoll, und zwar als psychologisierende Interpretation. Nimmi als Lady Macbeth ist nicht Macchiavelli entsprungen, sondern eine Geliebte und Liebende, die Glück und Macht zugleich sucht. Maqbool, oft kaum lesbar dargestellt von Irfan Khan, verliert mit jedem Schritt zur Macht das Glück mehr, dessentwegen er tötet. Baradwaj verrät die Tragödie an keiner Stelle. Ein höchst ungewöhnlicher indischer Film, nicht zuletzt darin, dass keine der erreichten  meisterhaften Lösungen betont oder ausgestellt wird. Der eine Guss, aus dem das alles ist, ist das eigentliche Wunder.

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