Geheimnisvoll strahlt der Star auf dem Plakat: Julia Roberts im
Profil, mit hellrot geschminkten Lippen, den Mund zur Andeutung eines
Lächelns verzogen, das dem Titel ihres Films Ehre macht.
Dabei hat die Schauspielerin alias Katherine Watson am Anfang von
"Mona Lisas Lächeln" wenig Grund zur Freude. Die Lehrerin zieht von
der West- an die Ostküste der USA, um am konservativen Wellesley College
Kunstgeschichte zu unterrichten. Theoretisch eine Traumstelle, doch in der
Praxis ist der Job ein harter Brocken.
1953 ist die elitäre Hochschule für Mädchen ein "Parkplatz"
für verwöhnte höhere Töchter aus reichen Familien. Bevor
sie mit ihrem zukünftigen Gatten zum Traualtar schreiten, sollen die
jungen Damen eine exzellente Ausbildung genießen, die auch Benimm-
und Tanzkurse einschließt.
Am ersten Tag beißt Katherine gleich in ihrer Vorlesung auf
Granit. Die Schülerinnen zeigen der Neuen, wie überflüssig
sie ist. Sie haben das Lehrbuch auswendig gelernt und beantworten in einer
überheblichen Inszenierung jede Frage, noch bevor Katherine sie stellen
kann.
Die Dozentin gibt sich nicht geschlagen. Mit unorthodoxen Methoden
und Themen, die nicht im Lehrplan stehen, fordert sie ihre Schülerinnen
heraus. Sie sollen lernen, unabhängig zu sein und eine eigene Meinung
zu vertreten. Eigenschaften, die in den 50er Jahren nicht als das höchste
Gut einer Frau gehandelt werden.
Einige der Frauen lassen sich von den liberalen Ideen Katherines
inspirieren. Andere reagieren - wie der übrige Lehrkörper - mit
Ablehnung. Eine Schülerin, die für die Uni-Zeitung arbeitet, wird
Katherines Feindin. Regelmäßig legt sie ihr durch Artikel, in
denen sie Sitte und Anstand hochhält und Abweichungen geißelt,
Steine in den Weg.
Mit Julia Roberts in der Hauptrolle, Kirsten Dunst ("Spider-Man"),
Julia Stiles ("10 Dinge, die ich an dir hasse") sowie Maggie Gyllenhaal
("Secretary") als Studentinnen und Marcia Gay Harden ("Pollock") als
Hauswirtschaftslehrerin ist der Film in der Regie von Mike Newell ("Vier
Hochzeiten und ein Todesfall" ) in den weiblichen Parts hervorragend besetzt.
Liebe zum Detail lässt die Ausstattung erkennen: Räume und
Kostüme sind ins Zeitkolorit getaucht. In Neckholder-Kleidern aus
changierendem Taft, farblich abgestimmten Twinsets, mit wippenden
Glockenröcken sowie Perlenketten und weißen Handschuhen als feminine
Accessoires sehen die Darstellerinnen entzückend aus.
All der Hochglanz kann nicht darüber hinweg-täuschen, wie
fahl das Drehbuch ist. Die Romanze zwischen Katherine und ihrem Kollegen
Bill hat die Erotik von einem Glas warmer Milch, das am Kaminfeuer getrunken
wird. Die lesbische Schulärztin verschwindet ruck, zuck von der
Bildfläche. Selbst Giselle (umwerfend: Gyllenhaal) gewinnt als Luder
wenig Profil. In einem Julia-Roberts-Film folgt die Kamera dem Star treu
bei Fuß, fokussiert vor Ehrfurcht erstarrt immer wieder ihre aparte
Erscheinung und hätte mit Exkursionen auf den Seitenpfaden der anderen
Darstellerinnen zum Gelingen dieses Ensemblefilms beitragen
können.
Buchtipp:
Wer im Leben der Julia R. stochern möchte und die
Küchenpsychologie des Autoren James Spada erträgt, wird an der
480 Seiten starken Biografie "Julia Roberts - Die Biografie", Hoffmann und
Campe, 22,90 Euro, Freude haben. Mir kam's beim Lesen so vor, als würde
ich nach einem Einbruch in ihrer Unterwäsche rumschnüffeln.
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