Man nehme eine Einwandererfamilie, egal welcher Couleur - man
nehme ein Einwanderungsland, egal wo: Und fertig sind die Film-Komödien
von heute. Nach der britischen Komödie East is East von
Damien O'Donnell aus dem Jahre 1999, in der pakistanische Kids in England
den Aufstand gegen den Familienpatriarchen proben, nach der gerade in den
Kinos gelaufenen ebenfalls britischen Filmkomödie Kick it like
Beckhman von Gurinder Chadar, in der ein junges fußballbegeistertes
indisches Mädchen alle Rollentabus bricht, nimmt auch der amerikanische
Spielfilm My big fat greek wedding die Kulturkollisionen mit
sehr viel Humor und Leichtigkeit aufs Korn.
Grundthema dieser Filme ist die Aufarbeitung des Konfliktes zwischen
traditionsverhafteten Migranten der ersten Generation mit ihren im jeweiligen
Einwanderungsland sozialisierten Kindern. Doch egal wie die Spielfilme sich
dem Thema annähern - ob humorvoll oder ernsthaft bis tragisch wie in
türkisch-deutschen Produktionen - z.B. Aprilkinder (Yüksel Yavuz,
1998) oder Lola und Billy the kid (Kutlug Ataman, 1999) -, dokumentiert die
Häufigkeit der Thematisierung von Kulturkonflikten die Grundproblematik
der Migranten-Kinder der zweiten und dritten Generation. Ist die erste Generation
der Einwanderfamilien strikt ihren traditionellen Werten verhaftet, befinden
sich ihre Kinder in einem ständigen Zwiespalt der Kulturen. Zu Hause
den strengen Riten folgend, in der Schule mit der westlichen Realität
und Freizügigkeit konfrontiert, leiden besonders Mädchen unter
den kulturellen Unterschieden. Werden doch gerade sie in traditionell-weibliche
Rollen gedrängt, die für westliche Mädchen gleichen Alters
schon längst nicht mehr relevant sind.
Der Spielfilm My big fat greek wedding von Regisseur Joel
Zwick (Second Sight) handelt von einer griechischen Migrantenfamilie in Chicago,
die zwischen Tradition und westlicher Moderne hin und her gerissen ist. Die
Eltern, besonders Vater Gus (Michael Constantine), gewähren ihrem Sohn
(Louis Mandylor) augenzwinkernd jegliche Freiheit, haben aber ein scharfes
Auge auf ihre Tochter. Diese soll griechisch heiraten, viele griechische
Kinder bekommen und lernen, gutes griechisches Essen zu kochen. Doch Toula
(Nia Vardalos) weiß schon von Kindesbeinen an, dass sie anders ist.
Anders als ihre Klassenkameradinnen blonde and delicate war sie
a swarthy six-year old girl with sideburns und entspricht so
gar nicht dem, was ihr Vater von einem guten griechischen Mädchen erwartet.
Mit dicker Brille, zotteligen Haaren und mehr als lässiger Kleidung
ist Toula mit 30 Jahren immer noch unverheiratet. Der Vater verzweifelt,
schmiedet Verkupplungspläne und gibt die Hoffnung auf eine griechische
Hochzeit nicht auf - doch ohne die Rechnung mit Toula zu machen. Die will
ihre eigenen Wege gehen. Unterstützt von ihrer Mutter (Lainie Kazan)
du kommst ganz nach mir, versucht sie den Ausbruch. Sie besucht
einen Computerkurs, kauft sich neue Kleidung, verwandelt sich vom
hässlichen Entlein in einen schönen Schwan - und verliebt sich.
Doch weit gefehlt zu denken, ihr Vater wäre froh seine Tochter unter
die Haube gebracht zu haben - ist der Geliebte (John Corbett) doch ein Mann,
nicht griechischer Herkunft
Nia Vardalos, die im Film die Toula spielt, ist Autorin dieser
vergnüglichen Familiengeschichte mit autobiografischem Hintergrund.
Der Filmvater Gus heißt auch in Nia Vardalos Leben Gus - und gegen
seinen Willen ehelichte sie einen irischen Mann namens Ian und - wie auch
im Film - war ihre Familie alles andere als glücklich über diese
Hochzeit. There are two kinds of people. Greeks and everyone who wishes
they were, behauptet Filmvater Gus Portokalos - und vertritt damit
exakt die Meinung von Gus Vardalos, Nias biologischem Vater. Angefeuert von
Freunden, denen sie die mal mehr und mal weniger lustigen Begebenheiten aus
ihrem Familienalltag schilderte, begann sie ihre Geschichte aufzuschreiben,
um sie als One-Woman-Show in Los Angeles aufzuführen. Hier wurde die
talentierte Schauspielerin von Rita Wilson entdeckt, der griechischen Ehefrau
von Tom Hanks. Tom Hanks, der aus eigener Erfahrung weiß, wie sich
das Leben verändert, wenn man in eine griechische Familie einheiratet,
entschloss sich mit seiner Produktionsfirma The Playtone Company
das Skript, das Nia Vardalos schon filmreif in der Hand hielt,
umzusetzen.
Mit Wortwitz und übersteigerten Klischeebildern schildert My
big fat greek wedding einen Befreiungsprozess und die Überwindung
von Vorurteilen. Der Regisseur Joel Zwick setzt die Vorlage überzeugend
um. Kamera und Musik akzentuieren gekonnt die Komik einzelner Szenen, sei
es, dass traditionell griechische Kithar-Musik erklingt, wenn die abtrünige
Toula sich von ihren heimlichen Ausflügen mit dem Geliebten dem Elternhaus
nähert -, sei es, dass die Kamera wild hin und her schwenkend zoomt,
Bilder verwischt, wenn die verklemmt-spießigen Eltern des
nicht-griechischen Schwiegersohnes in spe nach dem vierten Ouzo kaum noch
gerade aus den Augen gucken können. Der Zuschauer muss diesen Kameratanz
über sich ergehen lassen und fühlt sich schwindelig und berauscht
- ganz ohne griechischen Anisbranntwein.
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