Doris Dörrie: Nackt (D 2002)

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Doris Dörrie: Nackt (D 2002)

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Doris Dörrie: Nackt (D 2002)
Kritik von Ulrike Mattern

 

Der schöne Schein

In „Nackt“ - einer von zwei deutschen Wettbewerbsbeiträgen auf dem diesjährigen Filmfestival in Venedig - von Regisseurin Doris Dörrie entledigen sich einige Schauspieler ihrer Kleidung und machen bei Peking-Ente mit Melone Seelenstriptease.

Drei Paare, drei Lebensstile, drei Beziehungsphasen: Emilia (Heike Makatsch) haust frustriert in einer muffigen Wohnung mit rotem Gummiboot und schläft im Zelt. Ihre Klamotten hängen auf von Wand zu Wand gespannten Drahtseilen. Sie hat gerade mit Felix (Benno Fürmann), einem zynischen Loser, Schluss gemacht. Charlotte (Nina Hoss) und Dylan (Mehmet Kurtulus), mit einer Erfindung rund ums Katzenklo reich geworden, residieren in einem aseptisch eingerichteten Loft. In ihrer Beziehung kriselt es. Annette (Alexandra Maria Lara) und Boris (Jürgen Vogel) haben es sich in einer poppigen Mixtur aus Ikea- und Habitat-Möbeln gemütlich gemacht und lieben sich noch immer. Alle sechs sind seit langem befreundet. Bei einem gemeinsamen Essen erzählt Emilia, dass Paare, die seit Jahren zusammenleben, bei geschlossenen Augen den Partner nicht identifizieren können. „Ich würde meine Frau erkennen. Jede Wette“, reagieren Boris und Dylan selbstgefällig. Das Experiment startet. Die Hüllen fallen, doch die Problemzonen der Liebe verschwinden auch mit verbundenen Augen nicht.

Für ihren letzten Film „Erleuchtung garantiert“ reiste Doris Dörrie mit reduzierter technischer Ausstattung nach Japan und drehte mit Digital-Videokamera. „Nackt“ füllt in Cinemascope die Leinwand in ihrer Breite und fällt durch extreme Formstrenge in der Bildkomposition, der Ausstattung und den Kostümen angenehm auf. Durchbrochen wird die kühle Textur mit kräftigen Farben und verspielten Elementen: jazziger Filmmusik der Münchener Band „Liquid Loop“, Chansoneinlagen einiger Schauspieler und an Pointen reiche Dialoge.

Letztere sind aber zugleich das Problem des Films, der als wortschweres Kammerspiel über 90 Minuten nicht funktioniert. Basierend auf dem Drama „Happy“ von Doris Dörrie rufen Sätze wie „Du hast Speck auf der Seele“ oder „Die Sendung mit der Maus hat uns umgebracht“ spontane Lacher hervor, bleiben aber eindimensional und in ihrer Aneinanderreihung letztlich banal. Es ist nicht spannend, sechs Menschen dabei zuzuhören, wie sie in sprachlichen Endlosschleifen um die eigene Identität und den Partner kreisen. Die aufkommende Langeweile können auch Papiertüten auf dem Kopf hoch bezahlter Schauspieler oder der bereits erwähnte Striptease im Rahmen der Wette nicht ausgleichen. In diesem Sinne kann man es mit dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern halten: Der Film ist nackt und tut so, als sei mehr an ihm als vorhanden ist.

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