Kommt Ihnen diese Postkarte auch bekannt vor? Vorne Palmen und eine
Hängematte, weißer Sand, das Meer. Dazu der Aufdruck "Welcome
to Paradise". Auf der Rückseite Grüße aus der Karibik: "Hotel
ruhig, Wetter traumhaft, Stress fällt ab, wir freuen uns schon auf den
Tauchausflug!" Haben auch Sie sich gewundert, das Sie die Absender, Susan
und Daniel, gar nicht kennen?! Wundern Sie sich nicht länger, denn Susan
und Daniel sind die Protagonisten in Chris Kentis Low-Budget Film "Open Water"
und bei der Postkartenaktion handelt es sich um einen cleveren Werbegag...
Erzählt wird die, angeblich authentische, Geschichte von zwei Mitgliedern
einer Reisegruppe, die nach einem Tauchgang in der Karibik im offenen Meer
vergessen werden. Umgeben von hungrigen Haien eskaliert die Situation.
Schon jetzt gilt der Tiefsee-Horrorthriller als einer der
Überraschungsfilme des Jahres. Mit einem Budget von nur 140.000 Dollar
realisiert, spielte der Film, der in den USA mit 2700 Kopien startete, schon
am ersten Wochenende ein Vielfaches seiner Kosten wieder ein. Hohe Wellen
schlug die Mischung aus "Nicht auflegen", "Blair Witch Project" und "Der
weiße Hai" auch beim nationalen Fantasy Filmfest, denn es hatte sich
herumgesprochen, dass der Regisseur seine Darsteller aus Kostengründen
mit echten, freilebenden Haien schwimmen lies. Ohne Sicherheitskäfig!
Dokumentiert ist der Aufstieg der beiden Newcomer, Blanchard Ryan und Daniel
Travis, in die Hai-Society, in der Optik eines auf Breitwandformat ausgeweiteten
Reisevideos. Dunkelheit und Isolation sollen ihr übriges tun um die
überwältigende Klaustrophobie des Ozeans zu kommunizieren.
Aber hält der fertige Film tatsächlich was die Ankündigung
verspricht? Leider nicht wirklich! Schwächen liegen zwar nicht nur im
Drehbuch, aber irgendwo muss man ja anfangen. Über die beiden Taucher
erfährt man nie viel mehr als das hier bereits erwähnte. Viel zu
wenig jedenfalls um sich mit diesen Menschen emotional identifizieren zu
können. Die Herausforderung, dem reduzierten Setting mit elaborierten
Spannungsbögen und klugen Wendungen zu begegnen, wurde ebenfalls nicht
gemeistert. Das Spiel der Akteure kann einen durchaus das Fürchten lehren,
trägt aber letzlich eher zu Frustration und Verärgerung bei.
Exemplarisch hierfür ist eine Szene, in der die Rettung durch ein sich
näherndes Boot in greifbare Nähe rückt. Anstatt nach
Leibeskräften um ihr Leben zu schreien wedeln Susan und Daniel nur stumm
mit den Armen, als wollten sie zum Abschied noch einmal winken. Kurz darauf
senden sie ihr lautes Wehklagen dann wieder in die Einsamkeit. Natürlich
sind solche Mankos auch der Regie zuzuschreiben, die das enorme Potential,
das diese Story tatsächlich in sich trägt, konsequent verschenkt.
Einziges wirkliches Hai-Light bei diesem Film ist und bleibt das Marketing.
Schockierend ist am Ende nur, wie sehr man sich davon blenden ließ.
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