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APetites/La vie ne me fait pas peur

F 1997 & 1999
Regie:Noémie Lvovsky


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La Vie ne me fait pas peur

Petites - La vie ne me fait pas peur von Noemie Lvovsky

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Eine Kritik von Ekkehard Knörer

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....... Petites

Eine Entdeckung des Internationalen Filmwochenendes in Würzburg 1999 war Noemie Lvovskys 'Petites' von 1997, der unter dem Titel 'Verrückt nach Liebe' bereits im deutschen Fernsehen gelaufen ist. 'Oublie Moi', Lvovskys Erstling, war ein quälendes und begeisterndes Meisterwerk. 'Clubbed to Death', bei dem sie am Drehbuch mitgearbeitet hat, war fast ebenso gut. Der Ton ist hier eher burlesk als tragisch - und doch ist eines der Wunder des Films, daß es neben den herzzereißend komischen Szenen um vier pubertierende Mädchen immer wieder Momente des Entsetzens, der Hereinbrechens von Tod, Qual, Sadismus gibt. Das Komische und das Entsetzliche stehen unvermittelt nebeneinander, aneinandergeschnitten untrennbar wie zwei Seiten einer Medaille. Nichts gleicht sich dabei aus, das eine erklärt nicht das andere. Beides ist da, von einem Moment zum anderen springt der Ton um - und es ist genau richtig so. Nicht alles überzeugt voll und ganz - Valeria Bruni-Tedeschis Rolle als eingebildete drohende Mutter eines der Mädchen scheint ein wenig zu dick aufgetragen - aber es gehört zum Zauber des Films, daß man ihm alles verzeiht, was auf der Waage des Kunstverstands zu Bedenken Anlaß geben könnte.
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La vie ne me fait pas peur

La vie ne me fait pas peur ist die Fortsetzung als Erweiterung von Lvovskys nur im Fernsehen ausgestrahltem Film Petites. Dieser ist zu einer Best-of-Sequenz zusammengeschnürt und ins neue Werk als solche integriert. Die spielerischste Szene, der triumphale Einzug der vier Mädchen in die Schule, die Beschleunigung, der Tempowechsel, die Solidarität, der Übermut, diese Szene, die zu den schönsten gehört, die ich in den letzten Jahren im Kino gesehen habe, sie ist erhalten geblieben. War sie aber einst Petites, der ganze Film, en miniature, so gilt das nun nicht mehr. Der neue Film ist heterogener, seine Sprunghaftigkeit rundet sich nicht zu Geschlossenheit (noch im Widerspruch, im Durcheinander) des Vorgängers.

Ein wenig der Unbeschwertheit geht verloren; die abrupten Stimmungswechsel, von Ausgelassenheit zu Gefährdung, von Sanftheit zu wilder Raserei, sie machen weiter den Rhythmus des Films aus, aber die Mädchen (dann Frauen) nähern sich gefährlicher dem Rande des Nervenzusammenbruchs. Mit dem Abitur und der Schwelle, die es darstellt, wird das Leben eine ernste Angelegenheit. Es gilt nun, sich Antworten auszudenken auf die (Prüfungs-) Frage: Was ist das Glück?

Zur bloß abhakenden Chronik aber wird der Film auch im Fortgang nicht, nach dem 3-Jahres-Sprung von Petites ins Erwachsenenleben. Der Sprung allerdings verschärft den Zug ins Dokumentarische: konnte man sich der Suggestion von Echtheit angesichts der Ungeschöntheit, der Wildheit, des Unbändigen der Mädchen ohnehin schon nicht entziehen, so ist das Altern als nicht herbeigeschminktes, sondern offenbar gelebtes vollends bezwingend. Die biografische Konvention des kontinuierlichen Bildungsromans bleibt vermieden durch Auflösung ins Theatrale: die einzelnen Szenen ruhen (oder eher: toben) in sich selbst; abrupt prallt das Unvereinbare aufeinander. Herstellung von scheinbar lebensnaher Kontingenz durch Verfremdung ins Theatralische.

Und doch werden die Hintergründe der Mädchen etwas aufgefüllt im Fortgang. Man lernt ihre Familien näher kennen durch Szenen (im doppelten Sinne) mit den Eltern. Dann die Männer, Sex, Schwiegereltern. Strukturell geht es aber weiter wie in Petites: jeder Demütigung folgt eine (meist imaginierte) Rache. In die Suppe spucken. Oder die wundervollen Wunscherfüllungs- und Größenwahnträume, liebevoll inszeniert in Fantasien, die ihr Kolorit ganz der Liebe zu den 70er Jahren verdanken. Der Zauber und das Elend der Jugend weichen im neuen Film einer Ernsthaftigkeit, bis ins Lebensbedrohliche. Ganz dem Realitätsprinzip zum Trotz aber siegt die Musik, der Traum, die Fantasie. Aber das ist kein Resümee, das ist einfach, nur fast nicht zufällig, die letzte Szene.
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