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Quills
USA 2000
Regie: Philip Kaufman
Mit Geoffrey Rush, Kate Winslet, Joaquin Phoenix |
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INHALT
Der alternde Marquis de Sade (Geoffrey Rush,
Shine) verbringt seine letzten Lebensjahre in Charenton, einer
Klinik für Geisteskranke. Hier geht er seiner Tätigkeit als
Schriftsteller nach und bringt mit seine Erzählungen das Leben von
Mitinsassen und Aufsehern gleichermassen aus dem gewohnten Anstaltstrott.
Gefangen im Sog der Geschichten des Marquis nehmen fatale Ereignisse ihren
Lauf.
KRITIK
Es ist einfacher zu sagen, was Quills nicht ist: Es ist
kein Film, der das bewegte Leben de Sades erzählt. Ebenso wird
enttäuscht werden, wer hofft, hier einen pornographischen Film zu sehen,
der sich treu an den Büchern des Marquis orientiert: Orgien, Lustmord
& Co sind in Quills nur Beiwerk.
Wie bereits im Titel angedeutet, stehen hier vielmehr Hintergründe
und Motivation des Schreibens im Mittelpunkt, wird die Frage danach, was
Kunst ausmacht, zum zentralen Element. Außen vor bleiben weitestgehend
die sexuellen Ausschweifungen, die seine Werke kennzeichnen , seine
Leidenschaft so jedenfalls im Film wird im Wesentlichen auf
die Literatur beschränkt (dass der Marquis insgesamt 27 Jahre seines
Lebens wegen sexueller Delikte -aber auch politischen Denkens - im
Gefängnis verbracht hat, interessiert in "Quills" nicht). Um den
Schriftsteller gruppieren sich stattdessen die von ihm geschaffenen Figuren,
Szenen und Motive. Jene spiegeln sich widerum im Roman des Marquis, der
Justine wider, so etwa jene Episode um die junge Simone (Amelia
Warner), die an den lüsternen alten Doktor Royer-Coltard (Michael Caine)
verheiratet wird und - durch die Lektüre der Justine-
schliesslich ihre eigenen sexuellen Bedürfnisse entdeckt. Dann ist da
natürlich noch die junge Magd Madeleine (Kate Winslet), die sowohl den
Marquis als auch den jungen Priester Coulmier (Joaquin Phoenix) in Versuchung
führt. Alles bekannte Motive, die den Marquis als Urheber und Mitspieler
in die eigenen Geschichten integrieren und auf diese Weise die Beziehung
von Literatur und Realität verschwimmen lassen.
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Die Frage nach der Motivation und Verantwortung von de Sades Werk findet
in den Auseinandersetzungen zwischen de Sade und dem jungen und idealistischen
Coulmier statt.Während der Priester die Vorstellung von der Kunst als
der Abbildung des Schönen befürwortet, will der Marquis in seiner
Kunst eine Realität zeigen, die den Menschen als reines Instinkt- und
Triebwesen begreift, und aus allen gesellschaftlichen und moralischen Illusionen
herauslöst. Gleichzeitig aber hat de Sade im Schreiben ein Ventil für
seine eigenen Perversionen gefunden. De Sade wird nicht einfach als ein von
sexuellen Obsessionen Besessener dargestellt, sondern auch als jemand, der
als Revolutionär eine eigentlich sozialkritische Funktion erfüllte
dies mit Hinweis darauf, dass das pornographische Werk mit allerlei
philosophischen Reflektionen gefüllt ist, die im Film in den scharfsinnigen
Dialogen mit dem Priester andeutet werden.
De Sade scheint den Menschen einen Spiegel vorhalten zu wollen, so
etwa mittels der Karikatur, die de Sades Theateraufführung in Charenton
von dem lüsternen Royer-Coltard und Simone gibt. Alles nur Episoden,
die aus dem wirklichen Leben gegriffen sind und Literatur als Abbildung und
Nachahmung realer Geschehenisse darstellen?
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Der de Sade in Quills scheint Leben und Werk allen voran
in Opposition zu konventionellen Wertvorstellungen zu sehen und so verwundert
es nicht, dass er Moral, vor allem die christliche, als überflüssig
betrachtet und die menschliche Natur für grundsätzlich schlecht
hält: Daraus ergibt sich das Motto Virtue istvice, vice is
virtue. De Sades Hass auf jegliche Form christlichen Glaubens wird
im Film über die Figur des Priesters transportiert, der bis zuletzt
verzweifelt versucht, das Seelenheil des Marquis zu retten, und dabei selbst
nicht schadlos davonkommt.
Letztlich erweist sich damit auch im Film die menschliche Natur -
ganz de Sade - als absolut destruktiv. Der Film endet dementsprechend mit
den verhängnisvollen Konsequenzen des Werks von de Sade , das alle
Beteiligten in den Untergang zu stürzen scheint. So die junge Madeleine,
Coulmier und schliesslich den Marquis selbst, der sterbend noch die Absolution
verweigert. Gleichzeitig ist hier aber eine Umkehrung moralischer Werteordnung
angedeutet, erweist sich der Spiessbürger als eigentliche Perversion,
indem nach dem Tode des Marquis dessen Werk in Charenton heuchlerisch für
einen guten Zweck missbraucht wird.
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