Deutsches Ausstattungskino
Vor zwei Wochen nahm die Schauspielerin Katja Riemann die Coppa Volpi
für die beste weibliche Darstellung auf dem Filmfestival in Venedig
in Empfang. Der Film "Rosenstraße" von Margarethe von Trotta, die als
einzige deutsche Regisseurin in den Wettbewerb geladen war, erzählt
vom Widerstand deutscher Frauen gegen das Hitlerregime und kommt jetzt in
die Kinos.
New York in der Gegenwart. Ruth hat ihren Mann verloren. Sie besinnt
sich auf ihre jüdischen Wurzeln und verordnet ihrer Familie einen
Trauermonat. Dies stößt bei ihrer Tochter Hannah auf
Unverständnis. Eine Besucherin der Trauerfeier erzählt aus der
Vergangenheit der Mutter. Lena, eine Deutsche, habe ihr 1943 das Leben gerettet.
Ruth hat über diese Zeit nie gesprochen.
Als die Mutter Hannahs Heirat mit einem Nicht-Juden ablehnt, reist
die Tochter nach Berlin, um nach den blinden Flecken in ihrer Familienbiographie
zu forschen. Sie findet Lena und erfährt vom Aufstand der als "arisch"
geltenden Frauen, die gegen die Deportation ihrer jüdischen Männer
vor dem Haus in der Rosenstraße demonstrierten, in dem diese festgehalten
wurden. Mit diesen Schilderungen führt der Film aus der Gegenwart zu
den Ereignissen in der Vergangenheit zurück.
Die Filmbiographie der Regisseurin Margarethe von Trotta liest sich
wie der feministische Gegenentwurf zu bundes-republikanischen
Geschichtsschreibung. Als Schauspielerin arbeitete sie mit Fassbinder und
Schlöndorff, bevor sie 1977 als Regisseurin mit "Das zweite Erwachen
der Christa Klages" debütierte. 1981 erhielt sie den Goldenen Löwen
in Venedig für "Die bleierne Zeit", einen aufwühlenden, fiktiven
Spielfilm über die Schwestern Ensslin.
Rebellinnen im Politischen (wie Rosa Luxemburg) oder im Privaten (z.
B. in "Heller Wahn") sind die Frauen in ihren Filmen, zerrieben zwischen
Zweifel und Selbstbewusstsein, auf der Suche nach Identität in vorgegebenen
Strukturen. Seit dem Nach-Wende-Film "Das Versprechen" drehte von Trotta
fürs Fernsehen, u.a. die viel beachteten "Jahrestage".
Mit "Rosenstraße" kehrt die Regisseurin auf die Leinwand
zurück und reduziert sich dort auf ein Format, das eher für den
Bildschirm taugt. Die Einfassung der dramatisierten historischen Fakten durch
einen Mutter-Tochter-Konflikt in der Gegenwart lässt den Film in zwei
Teile auseinander driften, die sich bis zum Ende nicht harmonisch ineinander
fügen. Der theatralische Einstieg, hölzerne Dialoge und eine
überdeutliche Symbolik, die mit dem imaginären Zeigefinger der
Kamera auf das weist, was man später sehen oder erfahren wird, hemmen
den Erzählfluss. Der Film wirkt so altbacken wie das Klischee einer
betagten Frau, die Doris Schade als 90-jährige Lena Fischer
verkörpert.
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