Radikale physische Veränderung ist ein bewährtes Mittel, will man
als Schauspieler in die Filmgeschichte eingehen. Man denke an Robert De Niro
in "Raging Bull" oder Charlize Theron in "Monster". Doch der körperliche
Einsatz, mit dem Christian Bale seine neue Rolle spielt ist beängstigend.
In wenigen Wochen hungerte er sich über sechzig Pfund vom Leib. So bis
zum Skelett abgemagert sieht er aus wie ein Magersüchtiger kurz vor
dem Exitus. Im Film ist er der Maschinist Trevor Reznik, der seit einem Jahr
nicht mehr geschlafen hat. Seine einzigen Bezugspersonen sind die Prostituierte
Stevie (JENNIFER JASON LEIGH) und die Kellnerin Marie (AITANA
SÁNCHEZ-GIJÓN). Zu seinen Arbeitskollegen hat Trevor ein
angespanntes Verhältniss. Sie verfolgen seinen voranschreitenden
körperlichen und geistigen Verfall mit Argwohn. Die Situation eskaliert
als Trevor schließlich einen Arbeitsunfall verschuldet, bei dem ein
Mann einen Arm verliert. Seine Schuldgefühle weichen bald einem wachsenden
Misstrauen und gipfeln in einer ausgewachsenen Paranoia, als er in seiner
Wohnung kryptische Notizen findet und von einem mysteriösen neuen
Arbeitskollegen verfolgt wird, der angeblich gar nicht existiert. Sind all
die Vorkommnisse Teil einer großen Verschwörung, die Trevor in
den Wahnsinn treiben soll? Oder ist es nur seine Müdigkeit, die ihm
langsam aber sicher den Verstand raubt?
Brad Andersons "The Machinist" zeichnet die Horrorwelt eines Mannes, der
von einer verdrängten Schuld sprichwörtlich zerfressen wird. Es
handelt sich um ein atmosphärisch dichtes Psychogramm, das seine dramatische
Spannung aus alltäglichen Situationen bezieht. Das Puzzle ist zwar nicht
so originell wie seine Vorläufer "Memento", "Fight Club" oder "The Sixth
Sense", steht diesen in puncto Suspense jedoch in nichts nach. Die Bilder
oszillieren zwischen gebleichtem Blaustich, Sephia- und Brauntönen.
Einige wirken fast wie schwarz-weiss Aufnahmen. Die Inszenierung ist straff
und präzise; keine überflüssige Szene bremst das Tempo. Thematisch
umkreist Anderson moralische und ethische Fragen, wie die nach Schuld und
Sühne, aber auch nach Erinnerung und Identität. Insbesondere letzteres
ist ein zentrales Thema in Filmen von Alfred Hitchcock, dessen Vorbild für
den Regisseur offenbar stilprägend war. Dies ist bis in den Soundtrack
hinein spürbar, dessen anachronistischer Stil an das Werk Bernard Hermanns
erinnert. Sowohl die solide Inszenierung als auch die beeindruckende Leistung
des Hauptdarstellers laden diesen zunächst schlicht erscheinenden Film
mit einer ungeheuren psychischen und physischen Spannung auf.
zur Jump Cut Startseite |