Jake Hoyt ist ein viel versprechender junger Polizist in Los Angeles,
vor ihm liegt sein großer Tag der Bewährung, sein rite de
passage: der Zivil-Ermittler für Drogendelikte Alonzo Harris (Denzel
Washington) soll ihn in die Gesetze der Straße einführen. Mehrfach
wählt Antoine Fuqua eine Kamera-Kran-Bewegung, die von oben hinunter
auf die Höhe der Helden schwenkt. Hier, im fahrenden Büro des toughen
Cops Harris, sieht die Welt anders aus als auf der Polizeischule. Daran besteht
für Hoyt schon nach den ersten Minuten kein Zweifel mehr. Harris erteilt
Lektionen im Schleudergang, zwingt Hoyt, Angel Dust zu rauchen und
binnen weniger Stunden das Gesetz öfter zu übertreten als vermutlich
in seiner gesamten Polizistenkarriere zuvor.
Das zunehmend ernster werdende Spiel zwischen dem Naiven und dem Zyniker
hat lange seinen Reiz, eine ganze Weile scheint der Film auf keine
größere Geschichte zusteuern, sich ganz auf diese Auseinandersetzung
verlassen zu wollen. Harris wird dabei konsequent zur mythischen Figur aufgebaut,
seine undurchsichtigen besten Beziehungen im Polizei- wie im Gangstermilieu
tragen dazu bei. Er tritt auf als schwarzer Ritter, sichtbar trägt er
ein großes silbernes Kreuz um den Hals, versteckt dagegen die Polizeimarke.
Eindrucksvoll gefilmt ist das Eindringen in eine gleichfalls ins Mythische
vergrößerte Zone, das Ghetto, das kein Polizist, ein weißer
schon gar nicht, sonst betreten dürfte. Ritter Alonzo wird der Weg
freigehalten.
Das alles geht gut, gerade indem es zunehmendes Unwohlsein beim Betrachter
weckt, indem es Harris, dem Denzel Washington wie mühelos das nötige
Charisma verleiht, hinaufsteigert ins zuletzt Mephistophelische. Ein lockender,
manipulativer, gewalttätiger, verführerischer Teufel, der Macht
und Geld und Karriere verspricht. Jake Hoyt kann lange nicht anders, als
zu wollen, was er nicht wollen darf. Dann leider kippt der Film, und zwar
restlos, hoffnungslos, zieht mit aller Macht die Grenzen wieder, die er zuvor
ins Vieldeutige aufgelöst hatte. Binnen weniger Minuten wird Training
Day von einem großen Stück Kino zum tausendmal gesehenen Kampf
Mann gegen Mann, gut gegen böse. Mit einer Infamie, wie man sie zuletzt
schon in 15 Minutes bewundern
durfte, ist am Ende die Russenmafia gerade gut genug, das Urteil zu vollstrecken,
das der Film, aus Angst vor der eigenen Courage, seinem mephistophelischen
Helden gesprochen hat.
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