Erinnerung an Frieda Grafe

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Frieda Grafe (1934 - 2002)

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Erinnerung an Frieda Grafe
Ein Abend im Berliner Arsenal

Bericht von Ekkehard Knörer

 

Berlin, 1.9.2002

Frieda Grafe nannte sich Filmkritikerin. Sie war eine große Autorin, eine Intellektuelle, die dachte und schrieb wie keine andere und kein anderer, singulär in Nachkriegsdeutschland, Bezüge gab es eher nach Frankreich hinüber. Nicht nur weil sie eine der ersten war, die begriff, dass die "Nouvelle Vague" nicht weniger vorschlug, als Film neu zu denken aus Kenntnis der Tradition; mit französischer Theorie und abendländischer Kulturgeschichte war sie wie selbstverständlich vertraut, auf Distanz blieb sie zu jedem Jargon, schrieb, wie nur sie schrieb: reich an Assoziationen, gelegentlich prägnant bis zur Undurchdringlichkeit, inspiriert und inspirierend, subtil und strahlend intelligent. Ihr zu Ehren trafen sich Freunde und Weggefährten im Berliner Arsenal, um ihrer zu gedenken: Frieda Grafe starb im Juli dieses Jahres.

Enno Patalas, Grafes Lebensgefährte, selbst längst eine Legende als Mitbegründer der Zeitschrift Filmkritik, in der Grafes erste Texte erschienen, später als Leiter des Münchner Filmmuseums, berichtete von der Entstehungsgeschichte des soeben erschienen Bandes "Filmfarben" mit Texten Grafes. Wenig lag ihr, erzählte er, an der Beschäftigung mit Texten von früher, alles Journalistische an ihrer Arbeit blieb ihr fremd. Erst jetzt beginnt eine Werkausgabe, Filmfarben ist der erste Band, geplant sind zehn oder mehr, zusammengestellt nach den Themen und Regisseuren, die Grafes Lebensthemen waren: Lang, Lubitsch, Murnau, natürlich die Nouvelle Vague.

Es folgte eine Lesung, wunderbar unprätentiös, Freunde lasen Texte von Grafe, einleitend kurze Kommentare, persönliche Erinnerungen, Farocki zu einem Artikel über das Experimentalfilmfestival im belgischen Knokke Ende der 60er Jahre, auf dem er mit Holger Meins einen Beitrag beisteuerte, Yoko Ono nähte sich in einen Sack ein, ohne zu sagen warum. Diedrich Diederichsen bekannte, bei der Lektüre Frieda Grafes in den 70er Jahren intellektuelle Erweckungserlebnisse gehabt zu haben, in ihren Texten auf die Spuren großer Regisseure und Denker geraten zu sein. Es lasen Hanns Zischler, Heinz Emigholz, Christa Blümlinger, Angela Schanelec, Dietrich Kuhlbrodt. Einzig Wolfgang Schmidt hatte einen eigenen Text verfasst (hier nachzulesen), Erinnerungen an ein Seminar mit Grafe an der dffb, zum Dokumentarfilm, eine Hommage, eine Liebeserklärung, vierzig Filme in zwei Wochen, darunter wollte sie es nicht machen.

Danach Vorführung eines Videos, das Igor und Enno Patalaszusammengestellt hatten, Ausschnitte aus Klaus Theweleits großartiger, auch großartig komischer Preisrede zur Verleihung des 01-Awards an der HdK vor zwei Jahren als Rahmen um eine Diskussion von Theweleit und Grafe zu Ray Müllers Riefenstahl-Film "Die Macht der Bilder", ausgestrahlt auf 3sat, aus dem Jahr 1995. Faszinierend zu sehen, wie die beiden die Knüppel an Dummheit, die ihnen die Moderatorin immer wieder zwischen die Beine wirft, ohne allen Arg und vor den Augen des Zuschauers zu subtilen Argumenten schnitzen, im vertrauten Furor der eine, differenzeriend Grafe, die nur eines fassungslos macht: die manipulative Primitivität von Müllers Film. Es ist eine Fassungslosigkeit, die tief empfunden ist, die zeigt, dass Grafe nur eines ganz und gar unverständlich gewesen ist: der Mangel an Subtilität.

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Bücher von Frieda Grafe:

Filmfarben. Ausgewählte Schriften 1. Berlin 2002. 22 Euro
(Weitere Bände im ungefähr halbjährlichen Abstand)

Filmtips. 12 Euro
(Die in der SZ von 1970 bis 1986 wöchentlich veröffentlichten kurzen Tips zum laufenden Münchner Filmprogramm)

Frieda Grafe,
Beschriebener Film.

Die Republik, Nr. 72-75 / 25. Januar 1985
236 Seiten, 20 EUR

 

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Filmtitel Person
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