Interview mit Halle Berry

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Interview mit Halle Berry zu Monster's Ball

 

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„Monster’s Ball“: Halle Berry über Schönheit, Freunde und Rassismus
von Rico Pfirstinger

   

„Ein Biest, das man nicht kontrollieren kann“

Eine Bilderbuchkarriere: Mit 17 Schönheitskönigin, dann Fotomodel – und nun ein für den Oscar nominierter Star: Halle Berry hat mit 33 Jahren das erreicht, was sich die meisten anderen ein Leben lang erträumen. Doch sie hat immer kämpfen müssen – sogar für ihre Rolle in dem preisgekrönten Drama „Monster’s Ball“, in dem sich ein rassistischer Gefängniswärter (Billy Bob Thornton) ausgerechnet in die Frau verliebt, deren Ehemann er hingerichtet hat. Auf der Berlinale wurde Berry für den Film als beste Schauspielerin mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet.

Frage: Mrs. Berry, was sagen sie zu Ihrer Oscar-Nominierung für „Monster’s Ball“?

Halle Berry: Natürlich habe ich mich gefreut. Meinen ureigenen Oscar habe ich allerdings schon zusammen mit der Rolle für „Monster’s Ball“ bekommen. Es war ein harter Kampf. Nachdem der Regisseur endlich überzeugt war und ich die Rolle hatte, habe ich vier Tage nonstop gefeiert. Egal, ob ich nun gewinne oder nicht: Alleine die Tatsache, dass ich diese Rolle spielen durfte, ist für mich schon Gold wert.

Frage: Wie haben Sie gefeiert?

Berry: Ich habe vier verschiedene Freundeskreise und bin mit allen ausgegangen. Wir haben viel Champagner getrunken.

Frage: Ihrem Ehemann Eric haben Sie eine private Filmvorführung gegeben?

Berry: Ja, das stimmt. Ich wollte nicht, dass er den Film zum ersten Mal bei der Premiere sieht und von Reportern unangenehme Fragen wegen der Liebesszene gestellt bekommt.

Frage: Wie hat er die sehr freizügige Liebesszene aufgenommen?

Berry: Im Endeffekt war er stolz auf mich. Stolz, dass ich ein Risiko eingegangen bin und etwas ganz anderes als sonst gespielt habe. Er sagte mir, dass ich das in Zukunft öfter tun sollte.

Frage: Sie werden nun auch von Jurys wahrgenommen und nicht nur von einem Massenpublikum. Glauben Sie, dass sich Ihre Karriere dadurch ändern wird?

Berry: Ich weiß es wirklich nicht. Hollywood ist ein Biest, das man nicht kontrollieren kann. Mein größtes Glück war bisher, dass ich in den letzten zwölf Jahren fast durchgehend arbeiten konnte, und ich hoffe, dass es so weiter geht. Mir genügt das. Das ist das Einzige, was ich mir wünsche.

Frage: Von den „X-Men“ bis zum Bond-Girl – ist es das, was Sie als Schauspielerin schätzen: eben nicht festgelegt zu werden?

Berry: Ich denke schon. Ich habe auch in der Vergangenheit immer darauf geachtet, möglichst viele verschiedene Dinge zu tun. Das ist der beste Teil an meinem Job.

Frage: Nehmen Sie eine bestimmte Rolle wegen des guten Drehbuchs und eine andere wegen der hohen Gage an?

Berry: Eine clevere Geschäftsfrau würde wohl genauso vorgehen. Es ist wichtig, in den großen Hollywood-Hits aufzutauchen, weil sie einen gewissen Wert darstellen. In meinem Fall erlauben sie mir, einen Film wie „Monster’s Ball“ zu machen, den ich fast umsonst gedreht habe.

Frage: Der Film dreht sich auch um die Rassenproblematik. Wie stehen sie zu diesem Thema?

Berry: Es gibt noch sehr viele Rassisten auf der Welt. Ich bin einigen in meinem Leben begegnet. In den Kleinstädten der USA wird immer noch gehetzt.

Frage: An welche Situation können Sie sich da erinnern?

Berry: 1996 lebte ich in Atlanta, wo auch „Monster’s Ball“ spielt, und war mit einem Baseballspieler verheiratet. Wir saßen in einem Restaurant und diskutierten etwas sehr persönliches. Dann kam jemand an unseren Tisch und fragte nach unseren Autogrammen. Mein damaliger Mann sagte dann, dass wir gerade etwas Wichtiges zu besprechen haben, den Wunsch aber gerne nach dem Essen erfüllen würden. Die Frau, die uns gefragt hatte, wurde daraufhin sehr ärgerlich und sagte, dass sie doch nichts von uns wolle, weil wir ja nichts weiter als ein paar Nigger wären. Das hat sie uns direkt ins Gesicht gesagt. So waren wir in einem Moment Idole und im nächsten nur noch der Dreck an ihrer Schuhsohle.

Frage: Wie haben Ihre Eltern Sie auf sowas vorbereitet?

Berry: Ich bin das Produkt einer Mischlings-Ehe. Meine Mutter ist weiß, mein Vater schwarz. Meine Mutter hat mich alleine aufgezogen und mir immer gesagt: Du musst härter als die anderen arbeiten. Du musst immer besser sein. Du darfst ein Nein nicht einfach so hinnehmen. Du musst kämpfen. Das hat sie mir schon als kleines Mädchen beigebracht, und es ist für mich nie anders gewesen.

Frage: In der Presse war mal zu lesen, dass Sie zur zweitschönsten Frau der Welt gewählt worden sind.

Berry: Typisch, ich bin immer nur die Zweite. (lacht herzlich)

Frage: Aber was verbinden Sie mit dem Begriff Schönheit?

Berry: Ich kann dazu nur sagen, dass die physische Seite das Geringste darüber aussagt, wie wir wirklich sind. Ich habe einige sehr, sehr schöne Menschen gesehen, die wirklich grässliche Dinge getan haben. Mit anderen Worten: Heute bin ich die Zweitschönste und im nächsten Jahr Nummer 520. Das macht mir nichts aus. Generell ist es doch so, dass es für Frauen in Hollywood schwer ist, ansprechende Rollen zu bekommen. Oft genug ist man nur der hübsche Teil an der Seite des Mannes oder die Ehefrau, die nichts zu sagen hat. Manche Filme sind so aufgebaut, dass sie auch komplett ohne Frauen funktionieren würden. Es ist heutzutage schwer, Drehbücher mit komplexen Charakteren zu finden. Das gilt für alle Frauen. Wenn sich das ändern würde, wäre ich schon zufrieden

Frage: Sie spielen auch im nächsten Bond-Film mit.

Berry: Ja, ich bin zur Abwechslung mal ein „bad girl“. Das habe ich noch nie vorher gespielt.

Frage: Als 1973 der Bond-Film „Leben und sterben lassen“ herauskam, gab es eine Kuss-Szene zwischen der schwarzen Schauspielerin Gloria Hendry und Roger Moore. Viele Farbige gingen damals nicht ins Kino, weil der Bösewicht schwarz war. Glauben Sie, dass sich das heute geändert hat?

Berry: Natürlich wird es eine Liebesszene geben, weil James Bond immer mit vielen Frauen ins Bett geht. Und generell glaube ich, dass sich das schwarze Publikum inzwischen anders sieht und sich auch andere Dinge im Kino anschaut. Heute feiern wir uns als Teil dieser Action-Unterhaltungsfilm-Kultur. Das war jahrelang nicht der Fall, und ich denke, dass es für Farbige nach und nach eine Veränderung gibt. Daher glaube ich nicht, dass es eine ähnliche Reaktion auf diesen Bond-Film gibt – jedenfalls nicht in Amerika.

Frage: Ein Produzent meinte der Vorführung von „Passwort: Swordfish“: „Allein durch den nackten Oberkörper von Halle Berry haben wir 20 Millionen Dollar mehr verdient.“ Was halten Sie davon?

Berry: Tatsächlich? 20 Millionen? Wow! Ich bin jetzt seit zwölf Jahren in dem Geschäft und weiß, wie es funktioniert. Ich glaube, das war nur eine Publicity-Aktion, die sich gut ausgezahlt hat. Für mich ist das ein Grund, über die Sache und über mich selbst zu lachen. Ich weiß, warum ich mich ausgezogen habe und warum ich nicht mehr gezeigt habe. Vor fünf Jahren hätte ich vielleicht anders reagiert, aber heute kann ich nur sagen: Ich habe wesentlich schlimmere Kommentare in meinem Leben überstanden als diesen.

Frage: Aus welchem Grund sind Sie Schauspielerin geworden?

Berry: Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Es war nie eine bewusste Entscheidung. Als ich klein war, liebte ich Filme und ging dauernd ins Kino. Ich wünschte mir, so zu sein wie jemand auf der Leinwand, konnte mir aber nicht vorstellen, das jemals zu erreichen. Als ich heranwuchs, habe ich nicht viele Farbige gesehen, die Stars geworden sind. Heute freue ich mich nicht nur darüber, mich auszudrücken und zu spielen, sondern lerne auch viel über mich selbst.

Frage: Ist es für Sie schwer, Freunde im Filmgeschäft zu finden?

Berry: Sehr schwer. Ich habe nicht viele. Meine Freunde stammen aus Cleveland, wo ich aufgewachsen bin und die dann wie ich nach Los Angeles gezogen sind. Ich habe seit zwölf Jahren denselben Manager und nie Freunde im Filmgeschäft gefunden.

Siegfried Tesche/Rico Pfirstinger (Februar 2002)

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