Mark Schilling: Contemporary Japanese Film

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Mark Schilling: Contemporary Japanese Film. Weatherhill Publications, DM 56,70
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Mark Schilling: Contemporary Japanese Film
Kritik von Dagmar Hotze

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Welcher Kinogänger kennt nicht das grüne Gummimonster aus dem „Land der aufgehenden Sonne" oder den aufsässigen Samurai, den Toshiro Mifune in zahlreichen Filmen kongenial verkörpert. Aber dann ist das Wissen eines durchschnittlichen westlichen Zuschauers auch schon erschöpft. Das japanische Kino hat sich, bis weit in die 90er Jahre, für abendländische Augen meist im Verborgenen abgespielt. Vielleicht verdanken wir es dem Schlitzohr Takeshi Kitano und so wunderschönen Filmen wie Tampopo und Shall we Dance?, dass auch hierzulande das Nippon-Film-Fieber endlich ausgebrochen ist.

Der amerikanische Journalist Mark Schilling, der seit 1975 in Japan lebt, dort für die Japan Times, die japanische Ausgabe von Premiere und das renommierte Cineasten-Magazin Kinema Jumpo schreibt, hat es sich in seinem Buch zur Aufgabe gemacht, die zum Teil noch unentdeckten Schätze des zeitgenössischen japanischen Kinos für westliche Betrachter sichtbar zu machen. Die Wurzeln des japanischen Kinos finden sich, entgegen der europäischen Tradition, nicht in der Fotografie, sondern im Theater, was, wie Mark Schilling prägnant aufzeigt, gravierenden Einfluss auf die Inhalte und die Filmsprache nimmt. Ähnlich den Filmstudios in Amerika, prägen die Celluloidschmieden Nippons diverse Genre, wobei sich frühzeitig zwei Hauptströmungen herausbilden: das jidaigeki (historische Filme) und das gendaigeki (zeitgenössische Filme). Durch die Jahrzehnte hindurch teilen die Studios Toho, Nikkatsu, Shochiku und Toei den Kinomarkt unter sich auf, bis der wirtschaftliche Niedergang in den achtziger und neunziger Jahren auch die Unterhaltungsindustrie erreicht. Nach diesem kurzen filmhistorischen Abriss, richtet Schilling sein Augenmerk auf die „Neue Welle" der neunziger Jahre. Zu Beginn dieser Dekade meldet sich eine Generation von Filmemachern und Produzenten zu Wort, die ihre ersten Erfahrungen mit dem Medium außerhalb der Filmstudios sammeln. Anhand von beschreibenden Profilen und Interviews öffnet der Autor ein Kaleidoskop von 15 Regisseuren und Produzenten und ihren filmischen Aktivitäten. Viele von ihnen haben keine „klassische" Ausbildung an einer Filmhochschule oder praktisches Training. Sie sind teils Autodidakten teils arbeiten sie in artverwandten Branchen der Werbeindustrie, der digitalen Bildbearbeitung oder kommen vom Dokumentarfilm her.

Zur Überraschung des Lesers beginnt der Journalist Schilling mit den „alten Meistern" des japanischen Kinos: Masahiro Shinoda, Akira Kurosawa und Yoji Yamada, deren Schaffen er nur sehr spärlich umreißt (für Kurosawa 4 ½ Seiten, für Yamada 2 ½ Seiten). Dabei bedarf es einiger Vorkenntnisse dieser Regisseure und ihrer Filme, um zu wissen, in wie weit ihre damaligen Filme heutige Regisseure beeinflussen (oder auf vehemente Ablehnung stossen). Einer der aktivsten Produzenten ist der 1961 geborene Takenori Sento, dessen Vorbilder Roger Corman und Akira Kurosawa sind. Mit seiner Firma Suncent CinemaWorks produzierte er mehr als 30 Filme, u. a. auch den internationalen Erfolg Shall we Dance? Sento geht mit seinen Filmen den schmalen Grad zwischen Anspruch und Wirklichkeit, glaubt jedoch, dass man nur eine Chance gegen die quantitative und (nicht immer) qualitative Übermacht aus Hollywood hat, wenn man seine eigenen Ideen realisiert und dazu das kreative und kulturelle Potential nutzt, das in jedem Land vorhanden ist. Ebenso denkt der Regisseur Makato Shinozaki, der stark durch den europäischen und den amerikanischen Film der siebziger Jahre beeinflusst ist. Special-Effects nachzueifern, sagt er, ist dumm und langweilt die Leute. Auch dem nicht mehr ganz so jungen Jun Ichikawa (er ist Mitte Fünfzig) merkt man eine Affinität zum europäischen Kino an. Ken Loach, Eric Rohmer und nicht zuletzt Francois Truffaut zählen zu seinen Lieblingsregisseuren. Der frühere Werbefilmer, der sich mit BESU 1987 eine zweite Karriere aufbaute, dreht mit Tokyo Kyodai (1995) eine Hommage an Yasujiro Ozus Tokyo Monogatari (1953) und stellt damit, wie Ozu, das Schicksal einer Mittelstandsfamilie in den Vordergrund. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sieht Ichikawa als eines seiner Hauptthemen, gewalttätige Genre-Filme über die Yakuza oder Horrorfilme liegen ihm fern. Über allen Befragten liegt der lange Schatten Takeshi Kitanos, dem das Buch mit einem neunseitigen Interview den meisten Platz einräumt. Er wird von allen respektiert, wenngleich seine Filme auch bei Japanern nicht immer auf Verständnis stoßen. Unerwähnt sollte auch nicht das schöne Interview mit Juzo Itami bleiben, erteilte er den Japanern in seinem Nudelsuppen-Film Tampopo und Super no Onna (Supermarket Woman, 1996) doch einige ironische Seitenhiebe.

Mark Schilling zeigt das japanische Kino am Wendepunkt zwischen Kreativität kombiniert mit kulturellen Eigenheiten und dem Mainstreamkino Hollywoods. Auch wenn der ökonomische Erfolg eines Films außerhalb Japans von immenser Bedeutung ist, so herrscht doch die Einsicht, dass dies nur mit und nicht auf Kosten der eigenen kulturellen Identität möglich ist; wie es der Produzent Takenori Sento formuliert, „ japanische Filme die wie amerikanische Filme aussehen, wer will die sehen?". Für Kenner des japanischen Kinos bietet sich diese leicht lesbare Lektüre besonders als Nachschlagewerk an, da die 265seitigen alphabetisch geordneten Filmbesprechungen in ihrer Ausführlichkeit keine Wünsche offen lassen. Die (noch) Unkundigen erhalten einen Überblick über das japanische Schaffen jenseits der Manga-Welt und wünschen sich ein Kino in ihrer Nähe, dass bald eine Japan-Filmreihe auf dem Programm hat.

Allen, die sich für das gesamte Spektrum des asiatischen Kinos interessieren, sei noch folgendes sehr ans Herz gelegt: der überformatige Bildband Asian Pop Cinema – Bombay to Tokyo von Lee Server. Enthält: ein John Woo Interview, gibt einen Überblick über den japanischen Samurai-Film, Seijun Suzuki wird vorgestellt, Korea, die Philippinen und nicht zuletzt das wunderbare Bollywood. Erschienen bei Chronicle Books, 1999, 132 Seiten, ca. $ 25.00

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