"Ich war ein Zucker-Junkie"
John Travolta (47) wollte schon als kleiner Junge hoch hinaus:
Inzwischen zählt der Superstar nicht nur zu den am besten bezahlen
Hollywood-Schauspielern, er ist auch ein begeisterter Privatpilot. Der bekennende
Scientologe ist seit zehn Jahren mit der Schauspielerin Kelly Preston
verheiratet, mit der er einen Sohn und eine Tochter hat.
Frage: Mr. Travolta, in Ihrem neuen Film, dem Thriller "Tödliches
Vertrauen", spielen Sie einen Vater, der seinen jungen Sohn beschützen
muss.
John Travolta: Keine besonders schwere Rolle - als zweifacher Vater
konnte ich mich mit der Figur sehr gut identifizieren. Außerdem es
war erfrischend, zur Abwechslung wieder den "Guten" zu spielen.
Frage: Ihr Sohn Jett ist mittlerweile neun, und im Frühjahr 2000
kam Ihre Tochter Ella Bleu zur Welt. Ist es beim zweiten Mal genauso spannend
wie beim ersten Kind?
Travolta: Beim zweiten Mal ist alles einfacher. Ich mache mir nicht
mehr so viele Sorgen. Windeln, Schnuller, Allergien - die ganze Litanei ist
mir inzwischen ja bekannt. Früher hing ich schon besorgt am Telefon,
wenn Jett nur mal gehustet hat.
Frage: Wer hat eigentlich die Namen Ihrer Kinder ausgesucht?
Travolta: In unserer Familie bestimmen die Frauen die Mädchen-
und die Männer die Jungennamen. Die Großmutter meiner Frau Kelly
hat diese Regel eingeführt.
Frage: Jett verdankt seinen ungewöhnlichen Namen offenbar Ihrer
Liebe zur Fliegerei.
Travolta: Richtig, aber Kelly hat darauf bestanden, dass ich an "Jet"
ein zweites T dranhänge.
Frage: Hollywood-Ehen halten oft nicht lange. Wie bringen Sie und
Ihre Frau die Arbeit und die Familie unter einen Hut?
Travolta: Wenn ich in Los Angeles drehe, bin ich jeden Abend von 19
Uhr bis Mitternacht zuhause bei meiner Familie, außerdem auch das ganze
Wochenende. Wenn ich außerhalb drehe, komme ich entweder jedes zweite
Wochenende heim oder sie besuchen mich dort für ein oder zwei Monate.
Wir achten sehr darauf, dass genug Zeit für uns und die Kinder
bleibt.
Frage: Sie sind begeisterter Pilot, Ihnen gehören mehrere
Gulfstream-Privatjets sowie eine umgebaute Boeing 707. Wann hat diese
Leidenschaft begonnen?
Travolta: Schon als Fünfjähriger habe ich im Garten unseres
Hauses die Flugzeuge beobachtet, die den La Guardia Airport angeflogen haben.
Ich war davon besessen, hatte Tagträume und stellte mir vor, wie in
den Flugzeugen Leute sitzen und dort essen, schlafen und dabei n ferne Orte
reisen.
Frage: Darüber haben Sie nun selbst ein Kinderbuch
geschrieben.
Travolta: Es ist eine Fabel über einen Achtjährigen, der
mit seiner Mutter von New York nach Los Angeles fliegt. Die Geschichte spielt
1962, also macht das Flugzeug einige Zwischenstopps, und bei jedem dieser
Aufenthalte lernt unser Held verschiedene Leute kennen.
Frage: Klingt ziemlich autobiographisch: Sie sind als Achtjähriger
selbst zum ersten Mal geflogen.
Travolta: Ja, mit meiner Mutter von Newark nach Philadelphia, ein
30-Minuten-Flug. Mit 15 saß ich dann zum ersten Mal selbst am Steuer
eines Flugzeugs.
Frage: Das Buch war eigentlich nur als Geschenk für Ihre Frau
und Ihren Sohn gedacht...
Travolta: ...aber es ist dann so gut angekommen, dass ich mich
entschlossen habe, es zu veröffentlichen. Nun wollen wir sogar einen
IMAX-Film daraus machen.
Frage: Was für ein Kind waren Sie eigentlich?
Travolta: Ich war ein Zucker-Junkie. Die Kombination aus einem
Schokoriegel und einem Buch über Flugzeuge konnte mich glücklich
machen - jedenfalls für zehn Minuten. Mit zwölf Jahren habe ich
dann aber doch gelernt, dass man sich mit ein paar Proteinen im Körper
besser fühlt.
Frage: Kurz nach dem 11. September haben Sie in New York den Ground
Zero besucht. Wie kam es dazu?
Travolta: Olivia Newton John hat mich angerufen. Sie war mit Brooke
Shields am Ground Zero und sagte "Alle fragen: Wo ist John? Wieso ist John
nicht mitgekommen?" Also bin ich tags darauf von North Carolina nach New
York geflogen und habe einen Tag mit Polizisten und Feuerwehrleuten verbracht.
Da ist mir dabei erst richtig klar geworden, dass diese wundervollen Menschen
ihr Leben für uns riskieren und dass man dem mehr Rechnung tragen
sollte.
Frage: Aus diesem Besuch ging eine regelrechte Tour quer durch die
USA hervor.
Travolta: Ich habe sogar einen Militärstützpunkt besucht,
schließlich setzen auch die Soldaten ihr Leben für uns aufs
Spiel.
Frage: Welche Reaktionen haben Sie geerntet?
Travolta: Tränen, Umarmungen, Küsse - einfach unbezahlbar.
Trotzdem glaube ich, dass mir diese Erfahrung sogar noch mehr gebracht hat
als ihnen.
Frage: Sind Sie angesichts der Anschläge froh, dass Sie mit Ihren
eigenen Flugzeugen reisen können?
Travolta: Natürlich. Auf diese Weise hat man die
Sicherheitsmaßnahmen besser im Griff.
Frage: Welche zusätzlichen Maßnahmen haben Sie nach dem
11. September eingeführt?
Travolta: Ich habe einen Bombenschnüffelhund und private
Sicherheitskräfte, die mitfliegen und mich auf den Wegen zu und von
meinem Flugzeug begleiten.
Frage: Sie haben als Pilot über 4500 Flugstunden auf dem Buckel.
Wissen Sie noch, wann Sie das letzte Mal Linie geflogen sind?
Travolta: Das war glaube ich 1996 oder 1997. Mein Flugzeug hatte in
Hongkong einen Defekt, und ich wollte so schnell wie möglich nach Hause
kommen.
Frage: Im Dezember 1993 hatten Sie beim Landeanflug auf Washington
totalen Stromausfall. Es war Nacht und ziemlich eisig...
Travolta: Das war gefährlich, aber ich war sehr gut ausgebildet
und habe die Situation hervorragend gemeistert - finde ich zumindest. Sonst
wäre ich jetzt wohl nicht mehr hier.
Interview: Rico Pfirstinger (Oktober 2001)
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