Harun Farocki: Die Schöpfer der Einkaufswelten (D 2001)

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Harun Farocki: Die Schöpfer der Einkaufswelten (D 2001)
Kritik von Ekkehard Knörer

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Harun Farocki nimmt in seinem Dokumentarfilm Konsum-Designer in den Blick: Menschen, die das Einkaufsverhalten von Kunden in Malls, in Supermärkten optimieren wollen, nach Maßgabe der bestmöglichen Verbindung von Läden, Warengruppen, Produkten und Kunden, eine Verbindung, die natürlich im Kauf des einen durch den anderen kulminieren soll. Es geht, also, um Methoden sanfter Überredung, solche daher der Rhetorik, der Kunst der bewussten Verbergung der Kunst der bewusst erzeugten Effekte, um Methoden der Herstellung scheinbar natürlicher Blickbewegungen und Kaufgänge, um die Wissenschaft, die sich der Beschreibung und Verfeinerung dieser Methoden angenommen hat: das Marketing. Wie das geht, wird, an Beispielen, vorgeführt.

Die Sparkasse in Münster plant einen Neubau, aber nicht nur für die eigenen Belange, eine ganze Mall soll es sein, Farocki filmt die Beratungen des Gremiums für den Architekturwettbewerb. Hier trifft der gesunde Menschenverstand des Bauherrenvertreters ("Verschandelung") auf die Kitschpoesie des Architektenkünstlers, knallharte Profitkalkulation auf abgestandene bürgerliche Ästhetik. Nicht nur der Mittelweg ist hier der Tod, das Geld hat selbstverständlich das letzte Wort, gewinnt fünf zu drei und vielleicht sollte man sogar dankbar sein. Das Trachtenmodehaus Gössl in Salzburg ist im Workshop mit dem Marketingberater auf der Suche nach einem neuen Image für die Tracht und will zugleich das angestammte konservative Publikum nicht vergrätzen: hier wird man, auf der Suche gerade nach dem Mittelweg, nicht wirklich fündig: der Firmenchef jedoch ist allemal ein Kapital. Der Marketingberater lobt das hohe Niveau der Diskussion.

Harun Farocki enthält sich jeden direkten Kommentars; er verzichtet zum Glück auf alle Denunziation, jeder darf hier lächerlich finden, was er will: das liegt alles sehr im Auge des Betrachters. Es zeigt sich auch, wie sehr sich jede traditionelle Ideologiekritik erledigt hat: was man sieht, wäre einst, für jemanden wie Farocki sowieso, ein gefundenes Fressen gewesen, längst jedoch vermutet der Mann auf der Straße genau das, was wir hier erfahren: er unterliegt, an allen Ecken und Enden des Konsums (und welche Ecken und Enden des Lebens im Kapitalismus wären keine solchen) unausgesetzten Manipulationsattacken, sonnt sich im Licht der Aufmerksamkeit der sanften Verführer und ist dankbar, wenn sie ihn soweit in Frieden lassen, dass er sie nicht zur Kenntnis nehmen muss.

Einen harten Kontrast führt der Film eher beiläufig vor: den zwischen der geschwätzigen Ideologieproduktion hierzulande und dem mit avancierter Technik durchgeführten consumer engineering in den USA (und in England). Das Einkaufsverhalten wird hier in Statistik überführt, Beobachtung in Messung transformiert. Die Maschine notiert unbestechlich die Bewegung des Blicks, aber auch die Wege in die Mall und durch die Mall. Die Erkenntnis, die in diesem Kontrast liegt (den der Film in dieser Schärfe vermutlich eher konstruiert als reproduziert), ist gewiss der interessanteste Punkt des Films.

In der Konfrontation der harten Sachlichkeit, bei der ein Menschenbild erst im tiefsten Stratum der Technik sichtbar wird, mit der Produktion so orientierungslos wie verblasen wirkender Marketingstrategien drängt sich ein Moment der Ideologiekritik plötzlich doch wieder auf: die Wahrheit - und vielleicht suggeriert das auch Farockis lapidare Technik des kurzen Zwischenschnitts der Technik-Bilder - scheint in der technischen Basis zu liegen, der Rest ist nur letztlich überflüssiger resthumanistischer Überbau. Der Glaube an die eigene Ideologie wäre justament der Punkt der Blindheit der Ideologie. Die Maschine glaubt nichts mehr, sie misst nur noch, alle Psychologie wird zahlenförmig. Am Ende ist nicht klar zu entscheiden, ob der Film zuletzt diesem Mythos auf den Leim geht oder auch ihn noch ausstellt: weiterdenken muss man ohnehin selber.

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