Harun Farocki nimmt in seinem Dokumentarfilm Konsum-Designer in
den Blick: Menschen, die das Einkaufsverhalten von Kunden in Malls, in
Supermärkten optimieren wollen, nach Maßgabe der bestmöglichen
Verbindung von Läden, Warengruppen, Produkten und Kunden, eine Verbindung,
die natürlich im Kauf des einen durch den anderen kulminieren soll.
Es geht, also, um Methoden sanfter Überredung, solche daher der Rhetorik,
der Kunst der bewussten Verbergung der Kunst der bewusst erzeugten Effekte,
um Methoden der Herstellung scheinbar natürlicher Blickbewegungen und
Kaufgänge, um die Wissenschaft, die sich der Beschreibung und Verfeinerung
dieser Methoden angenommen hat: das Marketing. Wie das geht, wird, an Beispielen,
vorgeführt.
Die Sparkasse in Münster plant einen Neubau, aber nicht nur für
die eigenen Belange, eine ganze Mall soll es sein, Farocki filmt die Beratungen
des Gremiums für den Architekturwettbewerb. Hier trifft der gesunde
Menschenverstand des Bauherrenvertreters ("Verschandelung") auf die Kitschpoesie
des Architektenkünstlers, knallharte Profitkalkulation auf abgestandene
bürgerliche Ästhetik. Nicht nur der Mittelweg ist hier der Tod,
das Geld hat selbstverständlich das letzte Wort, gewinnt fünf zu
drei und vielleicht sollte man sogar dankbar sein. Das Trachtenmodehaus
Gössl in Salzburg ist im Workshop mit dem Marketingberater auf der Suche
nach einem neuen Image für die Tracht und will zugleich das angestammte
konservative Publikum nicht vergrätzen: hier wird man, auf der Suche
gerade nach dem Mittelweg, nicht wirklich fündig: der Firmenchef jedoch
ist allemal ein Kapital. Der Marketingberater lobt das hohe Niveau der
Diskussion.
Harun Farocki enthält sich jeden direkten Kommentars; er verzichtet
zum Glück auf alle Denunziation, jeder darf hier lächerlich finden,
was er will: das liegt alles sehr im Auge des Betrachters. Es zeigt sich
auch, wie sehr sich jede traditionelle Ideologiekritik erledigt hat: was
man sieht, wäre einst, für jemanden wie Farocki sowieso, ein gefundenes
Fressen gewesen, längst jedoch vermutet der Mann auf der Straße
genau das, was wir hier erfahren: er unterliegt, an allen Ecken und Enden
des Konsums (und welche Ecken und Enden des Lebens im Kapitalismus wären
keine solchen) unausgesetzten Manipulationsattacken, sonnt sich im Licht
der Aufmerksamkeit der sanften Verführer und ist dankbar, wenn sie ihn
soweit in Frieden lassen, dass er sie nicht zur Kenntnis nehmen muss.
Einen harten Kontrast führt der Film eher beiläufig vor:
den zwischen der geschwätzigen Ideologieproduktion hierzulande und dem
mit avancierter Technik durchgeführten consumer engineering in
den USA (und in England). Das Einkaufsverhalten wird hier in Statistik
überführt, Beobachtung in Messung transformiert. Die Maschine notiert
unbestechlich die Bewegung des Blicks, aber auch die Wege in die Mall und
durch die Mall. Die Erkenntnis, die in diesem Kontrast liegt (den der Film
in dieser Schärfe vermutlich eher konstruiert als reproduziert), ist
gewiss der interessanteste Punkt des Films.
In der Konfrontation der harten Sachlichkeit, bei der ein Menschenbild
erst im tiefsten Stratum der Technik sichtbar wird, mit der Produktion so
orientierungslos wie verblasen wirkender Marketingstrategien drängt
sich ein Moment der Ideologiekritik plötzlich doch wieder auf: die Wahrheit
- und vielleicht suggeriert das auch Farockis lapidare Technik des kurzen
Zwischenschnitts der Technik-Bilder - scheint in der technischen Basis zu
liegen, der Rest ist nur letztlich überflüssiger resthumanistischer
Überbau. Der Glaube an die eigene Ideologie wäre justament der
Punkt der Blindheit der Ideologie. Die Maschine glaubt nichts mehr, sie misst
nur noch, alle Psychologie wird zahlenförmig. Am Ende ist nicht klar
zu entscheiden, ob der Film zuletzt diesem Mythos auf den Leim geht oder
auch ihn noch ausstellt: weiterdenken muss man ohnehin selber. |