Peter Greenaway in Lille

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Peter Greenaway in Lille
Von Ulrike Mattern

"It may be that the suitcase is an ideal metaphor for our times. As never before, people are on the move. (...) Carry your world and your possessions with you. Just about as much as you can carry whilst walking. Not just a clean shirt and a new toothbrush and a change of underwear but all the other information of identity - memories, hopes, anxietes, guilt, foretaste of intention, ambition, wish-fufillment. ,I live out of a suitcase' is not longer necessarily the cry of a boastful or a sorrowful professional traveler. How many suitcases have you packed in your life? And what was in them?" (Wash & Travel - Luper at Lille)

Es ist stockfinster in der Kirche Sainte-Madeleine in Lille. Blauschwarzes Licht illuminiert den Raum so weit, dass man das Ausstellungsinterieur erkennen kann. Es riecht fischig. Wir schlüpfen in die vorbereiteten Gummistiefel. Wasser tropft, rauscht aus offenen Hähnen. Die Badewannen in der Mitte des Kirchen-Rondells füllen sich, laufen voll bis zum Rand, schwappen über. Ein Stuhl, ein Tisch stehen mit ihren Holzbeinen im Wasser. In einer der Wannen wirft der Badeschaum Blasen. Zehn Regale an Stahlseilen, mit jeweils vier Ablageflächen, hängen, schweben kurz über dem dunklen, brackigen Wasser von der Decke. Auf ihnen stehen - geöffnet - alte Reisekoffer. Braun. Schwarz. Metallen. 92 davon sind - im Trockenen außerhalb des Bassins in der Rotonda - auf Tischen in der Kirche verteilt. Unter anderem gefüllt mit Fischknochen, Eierschalen, Zeitungen, Kleidung, Fotos, Postkarten aus Rom, Puppen und Parfüm. In einem Koffer liegt ein Hund, zusammengerollt, wie lebensecht, man möchte sein Fell streicheln und fürchtet gleichzeitig, dass er blitzschnell zuschnappen könnte. Ein anderer Reisekoffer enthält geronnenes Blut oder etwas, das so aussieht. Auf acht weißen Gazevorhänge, ein jeder in einem Abschnitt des Kirchenrondells über Kopfhöhe gespannt, werden Bilder projiziert. Kräuselnde Wellen im Wasser, ein Fisch, der langsam im Kreis seine Bahnen zieht. Die sphärische Musik (Giovanni Sollima, Stefano Scarani) erzeugt einen Loop. Einlullend. Angenehm betäubend. Irgendwann schlüpft man aus den Gummistiefeln, verlässt die Kirche. Die Holztür schlägt mit lautem Knall zu. Draußen auf der Straße es viel zu hell.

"The Tulse Luper Suitcases have been collected together into what some might say is an almost definitive collection, and have been variousley stored in book depositories, abandoned warehoses, decayed water-towers and neglected libraries. They are now here, until further notice, stored in a flooded church in Lille, waiting the care and attention of an archivist."

http://www.tulselupernetwork.nl

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