"It may be that the suitcase is an ideal metaphor for our times. As never
before, people are on the move. (...) Carry your world and your possessions
with you. Just about as much as you can carry whilst walking. Not just a
clean shirt and a new toothbrush and a change of underwear but all the other
information of identity - memories, hopes, anxietes, guilt, foretaste of
intention, ambition, wish-fufillment. ,I live out of a suitcase' is not longer
necessarily the cry of a boastful or a sorrowful professional traveler. How
many suitcases have you packed in your life? And what was in them?" (Wash
& Travel - Luper at Lille)
Es ist stockfinster in der Kirche Sainte-Madeleine in Lille. Blauschwarzes
Licht illuminiert den Raum so weit, dass man das Ausstellungsinterieur erkennen
kann. Es riecht fischig. Wir schlüpfen in die vorbereiteten Gummistiefel.
Wasser tropft, rauscht aus offenen Hähnen. Die Badewannen in der Mitte
des Kirchen-Rondells füllen sich, laufen voll bis zum Rand, schwappen
über. Ein Stuhl, ein Tisch stehen mit ihren Holzbeinen im Wasser. In
einer der Wannen wirft der Badeschaum Blasen. Zehn Regale an Stahlseilen,
mit jeweils vier Ablageflächen, hängen, schweben kurz über
dem dunklen, brackigen Wasser von der Decke. Auf ihnen stehen - geöffnet
- alte Reisekoffer. Braun. Schwarz. Metallen. 92 davon sind - im Trockenen
außerhalb des Bassins in der Rotonda - auf Tischen in der Kirche verteilt.
Unter anderem gefüllt mit Fischknochen, Eierschalen, Zeitungen, Kleidung,
Fotos, Postkarten aus Rom, Puppen und Parfüm. In einem Koffer liegt
ein Hund, zusammengerollt, wie lebensecht, man möchte sein Fell streicheln
und fürchtet gleichzeitig, dass er blitzschnell zuschnappen könnte.
Ein anderer Reisekoffer enthält geronnenes Blut oder etwas, das so aussieht.
Auf acht weißen Gazevorhänge, ein jeder in einem Abschnitt des
Kirchenrondells über Kopfhöhe gespannt, werden Bilder projiziert.
Kräuselnde Wellen im Wasser, ein Fisch, der langsam im Kreis seine Bahnen
zieht. Die sphärische Musik (Giovanni Sollima, Stefano Scarani) erzeugt
einen Loop. Einlullend. Angenehm betäubend. Irgendwann schlüpft
man aus den Gummistiefeln, verlässt die Kirche. Die Holztür
schlägt mit lautem Knall zu. Draußen auf der Straße es viel
zu hell.
"The Tulse Luper Suitcases have been collected together into what some might
say is an almost definitive collection, and have been variousley stored in
book depositories, abandoned warehoses, decayed water-towers and neglected
libraries. They are now here, until further notice, stored in a flooded church
in Lille, waiting the care and attention of an archivist."
http://www.tulselupernetwork.nl
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