Mr. Big Budget
Tom Cruise, Tom Hanks, Mel Gibson und Jim Carrey: Ron Howard (47)
hat schon mit fast allen Superstars gedreht. Als Regisseur und Produzent
ist der einstige Kinderstar und Ex-Schauspieler längst Hollywoods erste
Wahl für aufwändige Mainstream-Produktionen dank Hits wie
Backdraft, Splash, Apollo 13,
Kopfgeld und Der Grinch. Sein neuer Film A
Beautiful Mind, in dem Russell Crowe beeindruckend den geisteskranken
Mathematiker John Nash verkörpert, brachte dem Regisseur Kritikerlob
und seine erste Oscarnominierung ein. Wir trafen Howard auf der Berlinale
wenige Minuten nach Bekanntgabe der diesjährigen
Oscarkandidaten.
Frage: Mr. Howard, Gratulation zur Oscarnominierung. Wer hat Ihnen
und Ihren nach Berlin gereisten Mitstreitern Russell Crowe, Jennifer Connelly
und Drehbuchautor Akiva Goldsman denn die frohe Botschaft
überbracht?
Ron Howard: Unsere Mittagspause wurde so gelegt, dass wir die Nachrichten
im Fernsehen sehen konnten. Und zwar jeder für sich allein auf seinem
Zimmer für den Fall, dass einer von uns vieren nicht nominiert
worden wäre.
Frage: Sie hatten demnach Angst, vielleicht nicht nominiert zu
werden?
Howard: Oh ja! Bei Apollo 13 galt ich im Vorfeld auch
als Favorit und hatte sogar schon den Directors Guild Award gewonnen. Und
dann wurde ich nicht mal nominiert. Bei Cocoon war es ganz
ähnlich.
Frage: Wie wichtig ist der Oscar denn für Sie?
Howard: Für uns vier geht es dabei eher um Stolz und Anerkennung,
weniger ums Geld. Unsere Karrieren laufen schließlich längst auf
vollen Touren. Für den Film bedeutet es allerdings viel. A Beautiful
Mind ist schwierig zu vermarkten. Auszeichnungen helfen dabei, den
Film weltweit bekannt zu machen.
Frage: Sie haben mit den größten Schauspielern in Hollywood
zusammengearbeitet. Wie kamen Sie mit Russell Crowe und seinem ausgeprägten
Ego klar?
Howard: Russell besitzt tatsächlich eine sehr ausgeprägte
Persönlichkeit, was sich am Ende jedoch nur als vorteilhaft erwiesen
hat. Ich möchte sehr gerne wieder mit ihm zusammenarbeiten. Der einzige
Nachteil war, dass man sich ein wenig anpassen musste. Zuerst habe ich seinen
Humor und seine offene Art nicht ganz verstanden. Gleich am Anfang hat er
mir gesagt: Hör zu, ich bin oft laut und überheblich, aber
ich bin kein Rabauke. Am Ende mache ich das, was du sagst. Vorher will
er jedoch seine Meinung sagen und alles diskutieren. Ihm geht es um das optimale
Resultat. Klar ist: Ohne Russells Einsatz hätte man mich heute nie und
nimmer für den Oscar nominiert.
Frage: Wie hat der echte John Nash reagiert, als Sie ihm den fertigen
Film zum ersten Mal gezeigt haben?
Howard: Nash ist ziemlich exzentrisch und entsprechend schwer zu deuten.
Aber er ist ein großer Filmliebhaber. Er schien etwas verwirrt, sein
Leben auf der Leinwand nachgespielt zu sehen. Bei den Szenen mit der
Insulin-Schocktherapie musste er wegschauen, und seine Frau begann zu weinen.
Den Rest des Films über wirkte er recht ernüchtert. An viele Episoden
seines Lebens kann sich Nash selbst gar nicht mehr erinnern. Genießen
konnte er den Film offenbar erst, als er ihn zum zweiten Mal gesehen
hat.
Frage: Dass sie bei diesem Film Regie führen konnten, ist angeblich
einem Zufall zu verdanken...
Howard: Eigentlich war ich noch mit Der Grinch
beschäftigt, und ein anderer Regisseur den Namen lassen wir hier
mal außen vor war schon dabei, A Beautiful Mind
vorzubereiten. Doch dann gab es bei Mind Verzögerungen,
und so war ich auf einmal wieder frei.
Frage: Was hat Sie so an einem Film über einen schizophrenen
Mathematiker gereizt, dass Sie das Projekt einem anderen Regisseur weggenommen
haben?
Howard: Mich hat weniger der Mathematiker als die geheimnisvolle Krankheit
interessiert. Immerhin ist etwa ein Prozent der Bevölkerung von ihr
betroffen, die meisten Familien kommen irgendwann einmal mit Schizophrenie
in Berührung. Auch meine eigene Familie ist betroffen, ich weiß
also, wie furchtbar diese Krankheit ist. Daher auch mein besonderes Interesse
für den Stoff.
Frage: Ihr nächstes Projekt soll ein Western sein...
Howard: John Sayles überarbeitet zurzeit ein Drehbuch über
die Schlacht von Alamo. Es ist ein ehrgeiziges Filmprojekt mit einem ziemlich
großen Budget. Mal sehen, ob was daraus wird, noch ist das Skript nicht
gut genug.
Frage: Western sind kommerziell nicht unbedingt erfolgreich.
Howard: Das zu beurteilen ist leider überhaupt nicht meine
Stärke. Ich hielt auch Apollo 13 und
Cocoonfür nicht kommerziell. Mich interessiert nur die
Geschichte, und wenn ein Studio das Ganze finanzieren will, stelle ich keine
Fragen.
Frage: Wie hat Ihre Frau die Nachricht von Ihrer Oscarnominierung
aufgenommen?
Howard: Sie sieht das Ganze sehr gelassen, ohne Eitelkeit. Wahrscheinlich
sitzt sie jetzt zuhause und ärgert sich, dass sie sich für die
Show ein Kleid aussuchen muss.
Interview: Rico Pfirstinger (Februar 2002)
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