Der Regisseur Werner Herzog

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Herzog in the Box
Jeder für sich und Gott gegen alle. Der Regisseur Werner Herzog

Sonderausstellung im Filmmuseum Berlin vom 29. August bis 30. November 2002

 

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Herzog in the Box
Jeder für sich und Gott gegen alle. Der Regisseur Werner Herzog

Sonderausstellung im Filmmuseum Berlin vom 29. August bis 30. November 2002
Von Ulrike Mattern

 

Werner Herzog, der Außenseiter unter den Filmregisseuren des Neuen Deutschen Films, wird am 5. September 60 Jahre alt. Das Filmmuseum Berlin ehrt den in L.A. lebenden Künstler mit einer Sonderausstellung. Herzog in the Box - wie passt das Museumsformat zum Regisseur, passt der Regisseur ins Format?

Das beste Statement zu diesem Vorhaben gab der Künstler selbst. In einem Interview gefragt, ob er sich über die Würdigung in Form dieser Ausstellung freue, antwortete Werner Herzog mit einem Nein. Wie sollte man diese expressive Erscheinung, die ekstatische Bilder produziert, in einem Museum domestizieren können (oder wollen)? Ein Widerspruch, dem sich die Ausstellungsmacher wohlweislich ausgesetzt haben, um einen der eigensinnigsten deutschen Filmemacher einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Filmen als schweißtreibende Arbeit. Mit knapp 20 Jahren debütierte der in den oberbayrischen Bergen aufgewachsene Herzog mit dem Kurzfilm „Herakles“ über muskelbepackte Männer. Mehr als vierzig Spiel- und Dokumentarfilme drehte er in den letzten vier Jahrzehnten. Darunter viele, die nie im Kino zu sehen waren. Im Gedächtnis bleiben aus jüngster Zeit der Dokumentarfilm „Mein liebster Feind“ (1999) über die intensive Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Klaus Kinski oder „Invincible“, ein Spielfilm über den stärksten Mann der Welt. Für den Kaspar-Hauser-Film „Jeder für sich und Gott gegen alle“ erhielt Herzog 1975 den Spezialpreis der Jury in Cannes. Dazu kommen zahlreiche Publikationen und Operninszenierungen - wie unlängst der „Fliegende Holländer“ in Erfurt.

Als Nächstes wird Werner Herzog in einer Gemeinschaftsproduktion von sieben renommierten Regisseuren (u.a. Spike Lee, Wim Wenders und Aki Kaurismäki) auf der Leinwand zu sehen bzw. zu hören sein. Am 19.12. startet „Ten Minutes Older“, für den jeder der Filmemacher zehn Minuten Filmzeit bekam, um die eigene Vorstellung von Zeit umzusetzen. Werner Herzog reiste dazu - wen wundert’s - in den Regenwald.

Vierzig Jahre Filmgeschichte dieses Ausnahmeregisseurs dokumentiert die Ausstellung im Filmmuseum mit umfangreichem Textmaterial, Kostümen - so z.B. das weiße Spitzenkleid von Claudia Cardinale, das sie als Molly in „Fitzcarraldo“ trug -, Ausschnitten aus seinen Filmen und mit einer begleitenden Retrospektive im Kino Arsenal. Eindrucksvolle Standbilder liefert der Schweizer Fotograf Beat Presser, der bei drei Herzog-Filmen dabei war. Seine Aufnahmen spiegeln den Prozess der Dreharbeiten als physischen Kraftakt wider.

Etwas seltsam mutete in der Ausstellung die Losgelöstheit der Person Herzog von allen gesellschaftspolitischen Ereignissen in den letzten Jahrzehnten an. Keine Querverbindung zu einem anderen Regisseur (außer zu Murnau in Verbindung mit „Nosferatu“) ist zu finden. Werner Herzog steht hier als singuläre Erscheinung, als Monolith, für sich selbst.

Borderliner unter sich: Untrennbar verbunden ist Werner Herzog mit dem Enfant terrible des deutschen Films, dem Schauspieler Klaus Kinski. Mit ihm drehte der Regisseur in den 70er- und 80er-Jahren einige Meisterwerke, darunter „Aguirre, der Zorn Gottes“, „Nosferatu“ und „Fitzcarraldo“. Der Arbeitsvertrag mit Klaus Kinski in einer Vitrine dokumentiert die Auflagen zur optimalen Star-Versorgung am Set: drei Liter Mineralwasser am Tag, frisches Obst und Gemüse, kühle Drinks. Aber auch den Motorradführerschein der Kostümbildnerin Gisela Storch oder einen Cartoon von Traxler, der unter dem Titel „Leute von gestern“ den steten Hang zum Grenzerlebnis bei Herzog aufs Korn nimmt, findet man hier. Der Regisseur sei ein humorvoller Mensch, man wird nicht müde, auf der Pressekonferenz diese Seite des als Egomanen verschrienen Regisseurs hervorzuheben.

Exaltierte Außenseiter an extremen Orten, die an ihren Obsessionen zu Grunde gehen, sind die Charaktere in Herzogs Filmen. Seinen Ruf als Egomane zementierten seine Filmprojekte, die manchmal fast am eigenen Größenwahn scheiterten. Sein Umgang mit Filmgattungen ist grenzüberschreitend: Dokumentarisches findet sich in seinen Spiel-, Erdachtes in seinen Dokumentarfilmen. Eine Absage an den Glauben ans Faktische des „Cinema Verité“ formulierte Herzog 99 in der „Minnesota Declaration: Truth and Fact in Documentary Cinema“- auch das liest man im Filmmuseum oder auf seiner Homepage nach.

Sinnlich erfahrbar wird Herzogs Arbeit durch vier große Lichtsäulen im Ausstellungsraum, auf denen Fotos der Filme zu einer Collage montiert wurden. Von der Sahara bis zum Regenwald, von der Eckkneipe bis zu den Aborigines in Australien - Werner Herzogs Filmuniversum kennt weder Gattungs- noch Schmerzgrenzen, und der Regisseur macht sich in die entlegenen Winkel der Welt und zu absurdesten Wahrnehmungen auf.

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