Woody Allen Interview

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Der Fluch des Jade-Skorpions

USA 2001

Regie: Woody Allen

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"Im Bann des Jade Skorpions": Kritik und Interview mit Woody Allen

  

Kritik

(von Ekkehard Knörer)

Wo Woody Allen drauf steht, ist stets auch Woody Allen drin und der eine oder andere Lacher gewiss. Nicht anders beim Fluch des Jade-Skorpions, der einen an die frühen Kriminalklassiker mit ihren ertüftelten Fällen erinnert - die Geschichte um mysteriöse Juwelen-Diebstähle aber nur zum Vorwand nimmt, um von einer Schlacht zwischen zwei Menschen zu erzählen, die sich hassen und, nicht zuletzt mit Hilfe der Macht der Hypnose, zu lieben lernen. Situiert ist das ganze im Jahr 1940, was aber, über gelegentliche Hitler-Scherze und die Lust an historischer Innenarchitektur hinaus nichts weiter zu bedeuten hat. Die Patina nimmt der Geschichte eher die Schärfe, die sie als heutige hätte entwickeln könne. Das Vergnügen am Zweikampf Hunt/Allen wird dadurch nicht gemindert, es hagelt Beschimpfungen und Verwünschungen, deren Einfallsreichtum für manch müden und allzu erwartbaren Allen-Scherz entschuldigt. Von tieferer Bedeutung ist im Fluch des Jade-Skorpions freilich nichts. Ein Routine-Stück von der Sorte Manhattan Murder Mystery, das nicht mehr erreicht und nicht mehr will: als Spaß zu machen.


Interview

Komödien trotz Krieg

Woody Allen über seinen neuen Film "Im Bann des Jade Skorpions" - und ob man nach dem 11.September noch New-York-Komödien drehen kann.

Frage: Mr. Allen, wie fühlen Sie sich als Ur-New-Yorker nach den Anschlägen in Ihrer Heimatstadt?

Woody Allen: Nun, mit diesem Ereignis muss man leben. Es erfordert Einsicht, Disziplin, Mitgefühl - und das ist eben nicht nur eine Sache der Amerikaner. Es ist New York, es ist Amerika, es ist der Rest der Welt. Niemand sieht einen Sinn darin, 5000 Menschen in die Luft zu jagen, und es kann überall passieren, hier, morgen, oder sonst wo auf der Welt.

Frage: Kann man nach so einem Ereignis in New York denn noch Komödien drehen?

Allen: Ja. Es wird nicht wirklich einen Wandel geben. Die Leute werden dieselbe Musik, dieselben Stücke schreiben. Sie werden sich verlieben und entlieben. Es werden dieselben Probleme sein, und man wird damit umgehen. Alle hatten ihre Kriege. Und wir sind zu groß, es ist ein riesiges Land, Hunderte Millionen Menschen, da steckt Stärke dahinter. Trotz dieses sehr schmerzhaften Einschnitts.

Frage: Warum gehen Sie in Ihrem jüngsten Film zurück in das New York der 40er-Jahre zurück?

Allen: Die 20er-, die 30er- und die 40er-Jahre waren die drei besten Dekaden dieser Stadt. Es gab die beste Musik, die besten Broadway-Shows, die beste Literatur, das beste Cabaret und Nachtleben - einfach alles war gut, einzigartig, wundervoll. In den 20ern hatten wir Gangster und Eugene O'Neill und wunderbare Dichter. In den 30ern war es das Theater, das groß raus kam. Und wir hatten Gershwin. Und in den 40ern waren es die Soldaten und die Seeleute, die ihre Freundinnen vor dem Good-bye küssten. Das war romantisch. Nach dem Krieg ging es bergab. Wir bekamen Drogenprobleme und ein Fernsehproblem: Das Fernsehen killte das Cabaret-Business und das Nachtleben. Und die Musik wechselte radikal zum Rock. Wissen Sie, in den drei Jahrzehnten davor, da gingen die Leute erst tanzen und dann nach Hause zum Sex. Später hatten sie dann Sex, während sie tanzten. Es war eben nicht mehr so romantisch.

Frage: Und heute?

Allen: Wenn ich einen zeitgenössischen Film drehe, ach, dann sind da Handys und Fernsehgeräte und McDonalds. Aber damals, da sahen Gangster wenigstens noch wie Gangster aus. Es ist einfach eine andere Art der Visualität. Natürlich mögen das die Produzenten nicht, da es mehr Geld kostet und weniger Zuschauer erreicht.

Frage: Wenn Sie den Film vor 60 Jahren hätten drehen können, wie hätten Sie ihn besetzt?

Allen: Den Part von Helen Hunt hätte Katherine Hepburn machen können. Auch die männlichen Darsteller waren damals wunderbar: Robert Montgomery, William Powell. Da fällt mir noch "Double Indemnity" ("Frau ohne Gewissen", 1944) von Billy Wilder mit Barbara Stanwyck ein - für mich nicht nur sein bester, sondern überhaupt einer der besten amerikanischen Filme, die ich gesehen habe. Es ist ein wahres Meisterwerk.

Frage: Mit Steven Spielbergs Dreamworks-Studio haben Sie einen neuen US-Verleih gefunden. Haben sich Ihre Arbeitsbedingungen durch den Deal verändert?

Allen: Oh nein, die wissen nichts über den Film, außer, dass es eine Komödie ist. Sie verleihen ihn einfach nur. Sie sehen das Skript nicht - ich gebe ihnen einfach bloß den Film, sie gucken ihn sich an und sagen: Oh, Gott sei dank, wir mögen ihn. Eigentlich sind sie sehr nett zu mir, also bin ich mit ihnen zufrieden. Auch wenn ich nie weiß, was sie wirklich denken.

Frage: Mit Ihrer ehemaligen Produzentin und langjährigen Vertrauten Jean Doumainian gab es Probleme bei den Abrechnungen...

Allen: Das ist eine Business-Sache, da steht Aussage gegen Aussage, und letztlich haben Buchhalter und Steuerberater das Wort. Da gibt es eben eine offene Meinungsverschiedenheit zwischen zwei alten Freunden. Ich hoffe, das Problem ohne einen Prozess lösen zu können. Wenn es dennoch dazu kommt, dann sollte der Streit nicht in persönliche Verbitterung ausarten. Das Ganze ist eine Geschäftsangelegenheit, eine Frage von bloßen Zahlen auf dem Papier. Entweder hat ihr Anwalt Recht, dann schulden sie mir nicht so viel Geld wie ich glaube, oder aber mein Anwalt hat Recht.

Frage: Werden Sie weiterhin jedes Jahr einen Film drehen, oder haben die Ereignisse in New York etwas verändert?

Allen: Ich habe den nächsten Film bereits beendet, er heißt "Hollywood Ending", und im Frühling werde ich wieder einen drehen. Wissen Sie, wenn bei uns Krieg wäre und Armeen in den Straßen von New York kämpften, dann würde ich nicht filmen. Aber nächstes Frühjahr, das wird eine romantische Komödie. Da ist Frühling im Film, und ich bin sicher, Sie werden keinen Unterschied zu früher merken.

Thilo Wydra / Rico Pfirstinger

copyright Rico Pfirstinger 2001

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