:ikonen: Zeischrift für Kunst, Kultur und Lebensart

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:ikonen: Zeischrift für Kunst, Kultur und Lebensart
Ein Lektüreeindruck von Ekkehard Knörer

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Eine neue Filmzeitschrift ist anzukündigen, soeben in zweiter Ausgabe erschienen (ich habe freilich die erste vor mir), das Magazin "Ikonen", oder, typografisch präziser :ikonen. Ist aber schon falsch, diese Ankündigung, denn der erste Blick, nämlich auf den Untertitel, stellt klar: "Zeitschrift für Kunst, Kultur und Lebensart". Von Film keine Rede, nicht ausdrücklich jedenfalls, wenngleich der Herausgeber Marcus Stiglegger Filmwissenschaftler ist, in Mainz und wenngleich das Motto des ersten Editorials von Jacques Rivette stammt, mit dem man hier den Mund, wie soll man sagen, halb voll nimmt: "Die einzige Rechtfertigung der Kunst ist zu versuchen, sich selbst, der man etwas macht, und die Leute, die es sehen, etwas weniger blind, etwas weniger taub, etwas weniger dumm zu machen."

Ein Zug ins Didaktische weht einen dann auf der Homepage an, wenn es ausdrücklich heißt, man sehe seine Aufgabe darin, "komplexe künstlerische und kulturelle Zusammenhänge einem aufgeschlossenen Publikum verständlich zu vermitteln." Klingt ein wenig nach von der Bundeszentrale für politische Bildung gesponserter Pädagogik und vielleicht liegt man gar nicht so falsch, wenn man bedenkt, dass justament diese Institution die kürzlich in Berlin stattgefundene Tagung "Bodies that Splatter" mitfinanzierte, auf der :ikonen:-Herausgeber Stiglegger über Pasolinis "Salo" sprach und andere Filme, die an Grenzen des Erträglichen gehen (mit der manchen Nicht-Fan im Publikum etwas irritierenden Frage, woher die Lust am Splatter stammt.) Die "komplexen künsterlischen und kulturellen Zusammenhänge", um die es nun in :ikonen: geht, haben mit Extremerfahrungen zu tun, oder dem, was der Mainstream dafür hält, im ersten Heft jedenfalls, in Artikeln zu "Sadomasochismus als Lebensart" ebenso wie in Wolfgang Sternecks Einblicke in die "Industrial Culture" oder im Gespräch mit David Wood vom Londoner Fetischclub Torture Garden.

Ausführlichere Analysen sind Nicolas Roegs "The Man Who Fell to Earth" gewidmet oder Pedro Almodóvars Stierkampf-Film "Matador". Carsten Bergemanns Roeg-Text hat, leider, eher Seminararbeit-Charakter, Sätze wie: "Roegs Bestandsaufnahme einer gesellschaftlichen Befindlichkeit, in einem postmodernen und spätkapitalistischen Zeitalter ist sicher von einem kritischen Standpunkt geprägt" gehören noch zu den harmloseren, denn wie der "Wertverlust des Zeichens" mit der Idee "magischer" Bilder vereinbar ist, die "auf die Befindlichkeit des Zuschauers direkt einwirken", bleibt eher unerfindlich und es sind dies nicht die einzigen Bröcken Theorie, die einem hier, recht unsortiert, um die Ohren fliegen. Marcus Stigleggers "Matador"-Interpretation ist in sich gewiss schlüssiger, liest freilich Almodóvars ganz gewiss nicht unironische Stierkampf-Variation mit einer mitunter verblüffenden Ernsthaftigkeit und, wie es scheint, ganz ungebrochenem Hang zum Thanatos-cum-Bataille-Kitsch.

An der Idee, dass Wissenschaft auf der Suche nach verständlicher Vermittlung eine Sache heiligen Ernstes ist, kranken auch der an sich sehr interessante, weil informative Artikel zur Industrial Culture wie das Gespräch mit David Wood. Keine Lust, aber in jedem Fall die Lektüre wert sind die Rezensionen, die ein Spektrum von Alain Robbe-Grillet bis Chris Ware, von Aphex Twin bis Michel Houellebecq, von Andrej Zulawskis Film "La Fidelité" (2000) bis zu Takashi Miikes "Audition" (2000) natürlich nicht abdecken, aber - für weitere Ausgaben viel versprechend - markieren. Auch hier dominiert die Freude am Extremen in unterschiedlicher Gestalt, eine offenkundige Abneigung gegen das Juste-Milieu des Mainstreams. Dagegen ist nun, weiß Gott, nichts zu sagen. Etwas anstrengend freilich die vielleicht kompensatorische, jedenfalls stets humorlose Strenge, mit der hier, um es nochmal in den treffenden Worten der Homepage zu sagen, "komplexe künstlerische und kulturelle Zusammenhänge" vermittelt werden.

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