Amores Perros erzählt drei verschiedene, in Ton wie
Sujet sich durchaus unähnliche Geschichten, die vereint sind vor allem
durch das eine: die Liebe zum Hund. Dadurch auch, dass es in keiner dennoch
vor allem um den Hund geht, der vielmehr Mittel zum Zweck des Menschen wird.
Der Pointierung der Menschenliebe, in drei Variationen: als Leidenschafts-
und Eifersuchtsdreieck zwischen Octavio, Ramiro und Susana in der ersten,
der unter keinem guten Stern stehenden Liebe zwischen Valeria und Daniel
in der zweiten und der Liebe des Vaters zur verlorenen, verloren gegebenen
Tochter in der dritten. Darunter, dazwischen, dabei: der Glücks- und
Unglückshund Gofi, dessen Mordlust Octavio das Geld einbringt, mit dem
er die Liebe Susanas eben doch nicht erkaufen kann; der unselige Richi, der
zerrüttende unterirdische Wühlarbeit an einer Beziehung leistet;
El Chivos Rudel, das kein gutes Ende nimmt.
Das Muster des Verknüpfens, die Art, wie das eigentlich, auch
personal, Unverbundene in zeitliche und räumliche Nähen gerückt
wird, das hat Iñárritu aus den USA, von Altmans Short
Cuts, von Tarantinos Pulp Fiction. Jedoch, und daher will es einem
- anders als etwa Guy Ritchies Filme - gar nicht epigonal vorkommen, es sind
nicht bloße Effekte, auf die der Film damit aus ist. Eher ist es der
mittlerweile bewährte Einsatz einer komplizierten narrativen
Kreuzstichtechnik, eine beträchtliche Kunst, die nicht mehr die Sensation
des Neuen macht. Den Zentral- und Knotenpunkt des Erzählstranggeflechts
stellt Iñárritu an den Beginn: die rasanteste Szene, eine wilde
Autoverfolgungsjagd, in die man kommentarlos hineingeworfen wird, erweist
sich später als die Dichte-Stelle, an der die Hauptfiguren aller drei
Geschichten aufeinander treffen, mit Knall und Unfall Octavio und Valeria,
in Gestalt einer illegitimen Erbschaft Octavio und El Chivo.
Wenn eine der Figuren das Zentrum dieser zentrifugalen Geschichtentrias
ist, dann der Ex-Sandinist, Ex-Häftling und jetzige Auftragskiller und
Penner El Chivo, und zwar gerade dadurch, dass er ständig unterwegs
ist in den Straßen von Mexico City, als kaum wahrgenommener Beobachter,
dessen weitere Metamorphose unmittelbar bevorsteht. Ausgerechnet der
Kampfköter Gofi (herübergespielt aus der ersten in die dritte
Geschichte) führt durch seinen Mord an El Chivos Hunden eine Katharsis
herbei. El Chivo hat keine Lust mehr auf Mord, erteilt vielmehr dem Auftraggeber
und seinem Opfer in spe eine bittere, aber auch sehr komische Lektion
in Bruder-Moral - womit, nebenbei, das Feindliche-Brüder-Motiv aus der
ersten Geschichte wieder aufgenommen wird.
Am konventionellsten, weil in der Entwicklung wie den
drastisch-lakonischen Pointen der Geschichte ganz offenkundig aus der Tradition
der amerikanischen Short Story (Carver, Ford & Co.) stammend, ist der
zweite Teil, der das Model Valeria und den erfolgreichen Chefredakteur Daniel
- der durch kurze noch unerklärte Schnitt-Sprengsel bereits im ersten
Teil eingeführt wurde - in frischer Liebe und neuer Wohnung vereint.
Die Wohnung jedoch wird, wofür der in einem Loch im Boden verschwundene
Hund Metapher wie Anlass ist, zum Schauplatz eines Unheils, das sich zur
Lektion zum Thema Vergänglichkeit von Ruhm und Glück ganz unerbittlich
auswächst. Das geschieht jedoch ebenso subkutan wie in den anderen beiden
Geschichten, zur Unkenntlichkeit verpackt in genauer Beobachtung des
Zwischenmenschlichen (für El Chivo ist dieses Zwischen eine große
Kluft), vermischt in der innigen Verknüpfung von Schicksal, dummem Zufall
und Fehleinschätzungen.
Die wenig optimistische Stimmung von Amores Perros zeichnet
sich ab in der Entfärbung der Bilder. Grau und kalt sind sie, ein ganz
anderes Mexico hier als das gelb gefilterte von Soderberghs
Traffic. Mitten drin ist immer
die Kamera, im Gemenge der Kampfhunde genauso wie hautnah an den sich liebenden,
sich hassenden Figuren der ersten wie der zweiten Geschichte. Der Blick,
im Drängen des Dabeiseinwollens oft verwackelt, kommt von unten, erlaubt
nie die distanzierende Draufsicht, kaum einmal die orientierende Totale.
Die Kamera arbeitet hier, der Drehbuch-Vorlage von Guillermo Arriaga
gemäß, im Short-Story-Modus. Der eine oder andere ihrer Schlenker
ist wie das eine oder andere Detail der Geschichten überflüssig,
zu sehr verdeutlichend, alles in allem aber passt das eine zum anderen, verbinden
sich die drei Erzählungen zu einem komplexen, kunstvoll ineinander und
gegeinander gearbeiteten Ganzen.
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