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KRITIK
Traffic' ist ein Essay über die Drogenprobleme der USA,
er ist ein Spielfilm mit dokumentarischer Anmutung und er ist ein Thriller,
der seine Spannungsmomente aus dem Kampf zwischen Drogenkartellen und gegen
sie bezieht. Das Drehbuch verteilt diese drei Filme auf mehrere Schauplätze
und Gravitationszentren der Handlung, der Regisseur markiert die Differenzen
durch unterschiedliches Filmmaterial. Es gibt aber keine scharfen Trennungen,
sondern nur Verwischungen und Verknüpfungen, Übergänge und
Überschreitungen, das Eindringen des Dokumentarischen ins Fiktionale,
des Thrillers in den Essay, der Handkamera in den
Hollywood-Film.
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Es beginnt wie ein Bond-Thriller: Inserts, Bilder, Personen eröffnen
verschiedene Schauplätze. Zusammen reimt es sich erst im Lauf der komplex
in mehrere Fäden aufgetrennten Handlung. Die Erschließbarkeit
von Beziehungen ist das Thema, narrativ wie, natürlich, für die
Ermittler, die die Verbindungen zwischen mexikanischen Drogenbossen und ihren
amerikanischen Abnehmern nachzuweisen versuchen. Die Kamera (und damit der
Zuschauer) ist schneller und informierter als alle Beteiligten, der Film
nutzt dieses Vorwissen einmal auch schamlos zur Erzeugung von Suspense reinster
Hitchcockscher Machart - zugleich fasern die durch Schnitt und Kamera erzeugten
Erklärungen aber immer wieder aus ins reine Geschehen, in eine begrenzte
Offenheit, die nicht darauf aus ist, den Zuschauer listig zu hintergehen,
die viel eher zeichenhaft steht für den Fragmentcharakter des gezeigten
"Wirklichkeitsausschnitts" und damit auch für den Gestus des
Dokumentarischen, der Traffic' prägt.
Dieser Gestus ist in die Oberfläche der Bilder doppelt eingetragen:
in der Grobkörnigkeit und Falschfarbigkeit der ockerstichigen
Mexiko-Passagen wie der in ein kaltes Blau gefilterten Szenen um Richter
Wakefield, und in der Fahrigkeit der Kamera, ihren Schwenks und mitunter
auch wenig klassischen Jump Cuts. Diese Geste des Dokumentarischen bekommt
den ins episch und argumentativ Komplexe zielenden Ansprüchen des Films
gut, arbeitet einer Tendenz zur Thesenhaftigkeit immerhin so weit entgegen,
dass sich die Thesen in eine Vielstimmigkeit von Bildern, Momenten, Figuren,
möglichen Reaktionen und Haltungen auflösen. Was übrig bleibt,
an Botschaft sozusagen, ist eine Feststellung: der Feind, die Droge, ist
in unserem eigenen Haus. Traffic' gibt nicht vor zu wissen, was zu
tun ist. Zwar stellt das Drehbuch der drogenpolitischen Großhandlung
die ins private und exemplarisch Einzelne transformierte Geschichte der
drogenabhängigen Tochter des Richters in didaktischer Absicht zur Seite.
Obgleich dieser Nebenplot den Geruch des fast schamlos Illustrativen und
zugleich Thesenhaften nie ganz los wird, lässt sich doch keine unvermischte
Stimme einer Autor-Instanz daraus destillieren. Der privaten Ratlosigkeit
korrespondiert die politische, der Kronzeuge gegen den amerikanischen
Drogenhändler wird ermordet, bevor er aussagen kann. Dagegen setzt der
Film dann zwei Signale der Hoffnung, die für Hollywood-Verhältnisse
geradezu subtil sind und den Kampf ganz anti-triumphalistisch in den Mühen
der Ebene ansiedeln.
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Die Frage, die dennoch bleibt, ob der Film mehr mixtum oder
mehr compositum ist, ob die Drehbuchnähte, die ihn zusammenhalten, nicht
zu sichtbar bleiben, verliert in der Inszenierung fast völlig ihre
Bedeutung. Steven Soderbergh hält hier die Mitte zwischen dem fast schon
regelkonformen (und brillant ausgeführten) Illusionismus von
Erin Brockovich' und den
im Spiel mit der Form sich erschöpfenden Reizen von
The Limey'. Das Ergebnis ist
eine in dieser Form noch selten gesehenen Mischung von Thriller und ernsthafter
Auseinandersetzung mit dem Thema, die Puristen an beiden Enden des Spektrums
vielleicht nicht gefallen wird. Genau in dieser Mischung liegt aber die
Faszination.
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