"Confessions of a Dangerous Mind" beschert einem gleich zwei Festival
Déja-Vus. Der zweite Beitrag des neuen Hollywood-Drehbuch-Stars Charlie
Kaufmann (nach "Adaptation") und der zweite Film mit George Clooney (nach
"Solaris"), der hier zudem sein Regie-Debüt abliefert. Die Geschichte,
die erzählt wird, ist so abstrus, dass Charlie Kaufmann, der Experte
fürs Absurde, sie hätte erfinden müssen - wäre sie nicht
wahr. Es ist die Geschichte von Chuck Barris, der in den USA berühmt
wurde als Erfinder von Fernsehshows wie "The Dating Game" ("Herzblatt" ist
die deutsche Version") oder "The Gong Show", in der sich Menschen ohne Talent
vor einem Publikum ohne Gnade lächerlich machen durften. Allein das
wäre als Vorgeschichte neuerer Trash-TV-Auswüchse, vielleicht schon
einen Film wert: und der steckt auch in "Confessions of a Dangerous Mind",
neben vielen weiteren.
Das Drehbuch beruht auf der Anfang der achtziger Jahre erschienenen
"unautorisierten Autobiografie" von Chuck Barris - die damals für alle
belegte, dass er komplett durchgeknallt sein musste. Denn er behauptete,
neben seinem öffentlichen noch ein verborgenes Leben geführt zu
haben, all die Jahre, und zwar als Killer im Auftrag des CIA. Seine
Ausflüge mit den "Herzblatt"-Gewinner-Paaren, nach Helsinki oder West-
und Ost-Berlin zum Beispiel, waren vor allem Cover für Aufträge,
die er nachts erledigte, mit der Waffe. Bis heute weiß keiner recht,
ob etwas Wahres dran sein könnte, an diesen autobiografischen Fabulationen
- Barris' Auskunft immer nur: kein Kommentar. Die Frage nach der Wahrheit
aber, das wundert einen nicht, interessiert Charlie Kaufman kein bisschen.
Clooney inszeniert das ganze nach der Drehbuchvorgabe als Bilderbogen eines
verrückten Lebens, als Biopic der nicht so ganz gewöhnlichen Sorte.
Ineinander gemischt werden unter anderem die Geschichte von Aufstieg und
Fall der TV-Legende, ein Zeitporträt und ein Agententhriller mit finsteren
Hintermännern (vor allem Barris' Auftraggeber Jim Byrd, den George Clooney
spielt) und dunklen Hinterfrauen (großartig: Julia Roberts als femme
fatale in Diensten der Agentur).
Das Problem: "Confessions of a Dangerous Mind" ist das alles in einem
und nichts davon richtig. Es handelt sich um die von George Clooney mit -
allerdings vor allem bei Joel & Ethan Coen entliehener - Bravour inszenierte
Schlachteplatte eines Lebens, um Herzblut an Fernsehmüll, Leichen auf
Skiern zum Dessert. Seine heterogenen Bestandteile fliegen dem Film irgendwann
um die Ohren, gerade weil sie in dem auf die Dauer ermüdenden einheitlichen
Ton absurder Amüsiertheit vorgetragen werden. An vergnüglichen
Momenten herrscht dabei kein Mangel, dafür sorgen Kurzauftritte von
Brad Pitt und Matt Damon ebenso wie die virtuose Darstellung der Titelfigur
durch Sam Rockwell. Abgründe aber werden nur behauptet, die Geschichte
einer Ehe, die natürlich auch noch erzählt sein will (Drew Barrymore
als Penny), verliert sich im Episodischen. Ja, im Grunde gilt das für
den Film als ganzen. Das übliche Problem der Kaufman-Drehbücher
zeigt sich auch hier, der Struktur, die durchs Biografische vorgegeben ist,
zum Trotz. Man weiß nicht, wohin all die Absurditäten führen
sollen, staunt nur, dass die reizendsten Einfälle aus dem Nichts kommen
und dort auch wieder verschwinden. Was den Kaufmanschen Gaukeleien stets
fehlt, ist die Notwendigkeit. Stattdessen flüchten sich seine Bücher
von einer Skurrilität in die nächste, alle Hoffnung auf einen Sinn
des Ganzen bleibt unerfüllt. Zuletzt ermüdet man, nur noch
erschöpft vom dauernden Ansturm des Amüsanten. Schade drum, bei
aller Großartigkeit im Detail. "Confessions of a Dangerous Mind" ist,
was er, ginge es mit rechten Dingen zu, zuallerletzt sein dürfte: ein
ermüdender Film.
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