Droge: Schauspielerei
George Clooneys lang erwartetes Regiedebüt "Confessions of a Dangerous
Mind" schildert das Doppelleben der amerikanischen Fernseh-Ikone Chuck Barris:
Talkshowmoderator bei Tag, Auftragsmörder für die CIA bei Nacht.
Gespielt wird der schillernde Showbiz-Killer von Sam Rockwell, der dafür
auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde.
Frage: Mr. Rockwell, wie ist George Clooney eigentlich als Regisseur?
Sam Rockwell: Er war für jede Szene perfekt vorbereitet und behielt
immer den Überblick. Eigentlich keine Selbstverständlichkeit: Immerhin
ist er ein Superstar und wurde ständig von Autogrammjägern abgelenkt.
Zum Beispiel in Mexiko, als er von einer Horde lärmender Kinder belagert
wurde. Irgendwie faszinierend. Man erlebt es nicht oft, dass ein Regisseur
so großes Interesse auf sich zieht...
Frage: Entsprechend begehrt war die Hauptrolle in Clooneys Regiedebüt.
Warum erhielten gerade Sie den Zuschlag?
Rockwell: Ich habe George beim Dreh zu "Safecrackers" kennen gelernt. Wir
unterhielten uns damals über die Rolle, es folgten einige Probeaufnahmen,
und schon hatte ich eine Zusage. Eigentlich recht unspektakulär.
Frage: Umso spektakulärer ist dafür das Leben von Chuck Barris...
Rockwell: Ja, und es war sehr schwierig, diesen Menschen richtig zu spielen.
Aber ich darf mich nicht beklagen. Will Smith zum Beispiel musste für
"Ali" neben der üblichen Rollenarbeit auch noch Boxen lernen. Für
einen so faulen Menschen wie mich wäre das nichts gewesen. Da war mir
diese Rolle schon lieber: Ich sah mir seine alten Shows an, arbeitete an
dem für ihn typischen Dialekt und hatte die Ehre, ihn einige Male
persönlich zu treffen.
Frage: Was ist das Besondere an Chuck Barris' schillernder Persönlichkeit?
Rockwell: Er war ein Mensch, der ohne die Bestätigung von außen
nicht leben konnte. Er brauchte die Bewunderung von Freunden, Frauen und
seiner Showbiz-Kollegen wie die Luft zum Atmen. Diese Einstellung zum Leben
finde ich traurig und interessant zugleich. Für mich war das der
Schlüssel zu meiner Rolle.
Frage: Schauen Sie persönlich viele Talkshows?
Rockwell: Ich bin mit Chuck Barris' "Gong Show" aufgewachsen und habe es
genossen. Aber die heutigen Fernsehshows gehen zu weit. Sie machen sich
über ihre Gäste lustig und sind wesentlich bösartiger als
früher. Das hat nichts mehr mit guter Unterhaltung zu tun.
Frage: Waren Sie als Schauspieler auch schon mal so verzweifelt, dass Sie
an eine "Killerkarriere" bei der CIA gedacht haben?
Rockwell: (lacht) Ich könnte mir gut vorstellen, Filmkritiker um die
Ecke zu bringen (lacht). Spaß beiseite: Ich habe zwar keine Menschen
ermordet, habe aber kurzzeitig ich als Detektiv gearbeitet. Damals musste
ich zwei Menschen observieren, um ihnen eine Affäre nachzuweisen. Im
Grunde genommen eine recht langweilige Angelegenheit. Weit weniger
spektakulär als Chucks CIA-Aufträge...
Frage: Der Film basiert aus Barris' Autobiographie. Wie viel Wahrheit steckt
nun wirklich hinter der ganzen Story?
Rockwell: Ich weiß es selbst nicht genau. Ob Fiktion oder Realität:
Es bleibt sein Geheimnis. Mir ist es auch recht, dass ich darüber nichts
sagen kann. Denn als Schauspieler musste ich die Geschichte ja so spielen,
als ob sie sich wirklich so zugetragen hätte. Jeder Zweifel daran wäre
in meiner Situation schlecht für die Authentizität der Rolle gewesen.
Frage: Wie kam es überhaupt zu Ihrer Schauspielerkarriere?
Rockwell: Meine Eltern waren auch Schauspieler, und ich begann schon sehr
früh, ihnen nachzueifern. So richtig ernst habe ich die Sache aber erst
genommen, als ich erwachsen wurde. Heute könnte ich mir nichts anderes
mehr vorstellen. Neben der Schauspielerei habe ich keine anderen Hobbys mehr.
Ich bin mit meinem Beruf verheiratet. (lacht) Schauspielen ist wie eine Droge,
die einen vollkommen abhängig machen kann.
Frage: Hat nie jemand an Ihrer Karriere gezweifelt?
Rockwell: Auf richtig negative Art und Weise nie. Manche sagen, dass ich
nur einen bestimmten Rollentyp spielen könnte. Aber viele dachten
früher auch, dass ich nicht das Zeug für Hauptrollen hätte.
Mir hat das nichts ausgemacht - und siehe da, jetzt spiele ich an der Seite
von Julia Roberts. Manchmal ist dieser plötzliche Erfolg etwas verwirrend.
Aber es macht mir großen Spaß.
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