.
.
Der Knochenjäger
USA 1999
Regie: Phillip
Noyce
Mit Denzel Washington, Angelina Jolie, Ed O'Neill, Queen Latifah
Buch (Romanvorlage zum Knochenjäger) bestellen (DM
22.-)
.
engl.
Version (ca. 13 DM)
|
.
.
.
.
|
|
|
|
|
|
|
. |
|
. |
. |
....... |
Um Spurensicherung
geht es stets, wo es gilt, einem Täter auf die Schliche zu kommen. Seit
Das Schweigen der Lämmer hat die Unterwerfung des Genres unters
Gesetz der Serie zu neuen Formen der Lesbarkeit der Tat geführt. Die
Ermittler finden sich in raffinierten und blutig ernsten IQ-Tests wieder,
von der frischen gilt es auf die zukünftige Tat zu schließen;
und zwar nach Maßgabe des kombinatorischen, mit allen Mitteln des
Zeichenlesens aufgerüsteten Nachvollzugs einer im Täterhirn
zugrundeliegenden Obsession. Der Fingerabdruck hat sich ins chaotische Puzzle
von echten und falschen Spuren aufgelöst; die Signatur des dennoch
zeichnenden Verbrechers ist hoch verschlüsselt. 'Der Knochenjäger',
der neue Film von Phillip Noyce, forciert die Vorgaben seiner Vorgänger
Das Schweigen der Lämmer und Sieben, auf die er,
unaufdringlich, doch bezogen
bleibt.
. |
...... |
. |
..
Das Genre kreuzt
sich originell mit Phillip Noyces filmischer Obsession: der Klaustrophobie.
Er ist berühmt geworden mit dem Erzeugen klaustrophobischer Spannung
auf offener See (Dead Calm) und hat für diese thematischen Vorliebe
(z.B. auch, nicht ganz so gelungen, Sliver) schon immer die formalen
Mittel gehabt. In nie aufdringlicher Weise schafft seine Kamera beengte
Innenräume, in denen es keine Übersicht mehr gibt; Untersichten
wie subjektive Perspektiven (diesmal gar für Sekunden die einer Ratte)
prägen seinen visuellen Stil. Der bewusste Einsatz der Mittel bleibt
dabei fast immer funktional - nicht ins Beliebige einer selbstverliebten
Virtuosität abrutschend (wie etwa in den schlechten Momenten bei den
Wachowskis), sondern stets im Dienste des Effekts. Phillip Noye ist ein
auteur, den es noch zu entdecken
gilt.
. |
. |
Aufs Klaustrophobischste
eingesperrt und ausgeliefert sind hier sowohl die Opfer des Serienkillers
wie der Gegenpart: Lincoln Rhyme ist seit einem Dienstunfall gelähmt
und ans Bett gefesselt, gefangen in seinem eigenen Körper. In Anlehnung
an Lecter/Starling, gedimmt aber ins weniger obsessiv-genialische, gibt es
die von ihm ferngesteuerte Agentin, die zur Akteurin zu werden in dieser
Kooperation erst lernen muss. Zunächst ist sie bloße Prothese
des Hilflosen, hat ihm Auge, Ohren und Beine zu ersetzen. Das
Auftrags/Gehorsamsverhältnis ist das geschlechterübliche. Die
Emanzipation gelangt nicht über die Stufe des perfekten Handwerks. Zuletzt
aber, als gelehrige Schülerin, rettet sie, mehrfach gleich, dem Meister
das Leben. Sie hat sich, als Lebensgefährtin qualifiziert und ersetzt
die bloß dienstbare Krankenschwester. Großartig ist, wie im
Krankenzimmer von Lincoln Rhyme weitere Prothesen in Gestalt eines Maschinenparks
der Entzifferung aufgebaut werden. Unablässig wird gescannt, projiziert,
analysiert, telefoniert. Der Tatort findet seine hochgerüstete und
spiegelbildliche Entsprechung in einem Fuhrpark von Dechiffriermaschinen.
Eine von ihnen, die beste, ist der fast völlig entkörperlichte
Detektiv, der ohne seine Computer-Prothesen nur noch vegetieren könnte.
. |
. |
. |
. |
. |
.
Die
Leseübung ist eine hermeneutische und semiotische. Die Verstehensübung
steht unter dem Druck der in den Text, der der arrangierte Tatort ist,
hineingelegten nächsten Morde. Die Semiotik bleibt auf der Spur dessen,
was der Autor als Täter an Spuren hinterlassen hat, von denen er nichts
weiß. Interessanterweise bleiben die Interpreten dem Autor die
längste Zeit einen Schritt hinterher; die Forcierung der Jagd besteht
in einer Beschleunigung der Lektüre. Am Ende verschmelzen die längst
korrespodierenden Orte: der der Tat und der seiner Dechiffrierung. Erst an
diesem selbst herbeigeführten Kollaps der Räume scheitert der Killer
als Arrangeur von Spuren. Das Opfer als gedachtes Material des Arrangements
(aber worauf sollte die letzte Tat weisen?) holt aus seinem Restkörper
das letzte an Widerständigkeit heraus, schreibt sich beißend und
händezerquetschend hinein in den Körper des zuvor fast unsichtbar
und körperlos gebliebenen Mörders. Diese Szene als Endspiel der
beiden Kontrahenten ist ein letzter Höhepunkt des Films. Danach sinkt
er zurück in bloße Hollywood-Konvention. Es wird klar, dass die
Konstruktion der Frau als bloße Prothese nicht an die Lecter/Starling-
Vorgabe heranreicht; an dieser Stelle bleibt die Geschichte, beim besten,
das Phillip Noyce daraus macht, stumpf und unoriginell. Es hätte ein
großer Film werden können. |
|
. |
. |
. |
. |
.
.offizielle Website Der
Knochenjäger
|