When someone you love dies, are they gone
forever? Das ist die Frage, die der Film stellen möchte.
Nach über 100 langen Minuten ist es eher die Frage nach dem Verdienst
des Hauptdarstellers Kevin Costner, die einen umtreibt. Costner spielt Joe
Darrow, den ER-Chef eines Chicagoer Krankenhauses. Seine Frau Emily, ebenfalls
Ärztin, gilt nach einem Busunglück bei einem Hilfseinsatz in Venezuela
für verschollen. Obwohl seitdem bereits sechs Monate vergangen sind,
flüchtet sich Joe noch immer in die Arbeit, fährt 20 Stunden Schichten
bis es kracht und tut ansonsten alles, um die bittere Erkenntnis vom Tod
seiner Frau zu verdrängen. Plötzlich ereignen sich merkwürdige
Dinge. Emilys Talisman, eine in Glas gegossene Libelle, verselbstständigt
sich und rollt über das Parkett. Auf der Kinderstation, auf der Emily
arbeitete bevor sie nach Venezuela ging, hört Joe Stimmen. Ein Junge,
der bereits klinisch tot ist, kehrt urplötzlich ins Leben zurück
um Joe von einer engelhaften Gestalt zu berichten, die ihm in der Twilight
Zone begegnet ist. Und immer wieder tauchen Zeichnungen von einem
Kreuzähnlichen Symbol auf. Eine Nonne bringt an geeigneter Stelle das
Geschehene auf den Punkt: Jemand will Kontakt aufnehmen; es gibt mehr zwischen
Himmel und Erde, als wir zu denken wagen und überhaupt. Fortan wird
Joe, gegen den steigenden Widerstand seiner Umwelt, den Dingen auf den Grund
gehen.
Natürlich begibt er sich nach Venezuela, an den Ort des
Unglücks. Er trifft auf die Yanomanis, einen von jeglicher Zivilisation
abgeschnitten lebenden Stamm, und findet dort Erlösung, Hoffnung und
seinen Glauben. Eine typisch amerikanische Geschichte also, voller Mythen,
der klassischen Reise des Helden folgend, mit Anklängen an den
Überraschungsblockbuster "Sixth Sense". Es fällt nicht schwer sich
vorzustellen, dass sich die Studioexecutives freudig die Hände rieben,
in Erwartung eines guten Geschäfts. Dass es dazu kommen wird, ist zu
bezweifeln. Der Film kommt nie richtig in die Gänge und endet verlogen.
Als man von Produktionsseite entscheiden musste, wo man die Urwaldpassagen
drehen sollte, hat man sich nicht zuletzt der Bequemlichkeit wegen für
Hawaii entschieden. Regisseur Tom Shadyac bringt das lakonisch auf den Punkt:
"Wozu in den Urwald gehen, wenn der Urwald zu uns kommen kann?" Dennoch brauchte
man ausreichend exotisch aussehende Komparserie. Die Yanomanis wollten nichts
von einer Zusammenarbeit wissen. Also bediente man sich bei anderen,
aufgeschlossener eingestellten Stämmen; den Piaros, Salvias und Piapocos
etwa. An die hundert kaufte man in Venezuela ein, flog sie mit einer gecharterten
Maschine nach Hawaii aus und drehte dort in einem eigens errichteten Yanomani
Dorf. Die verwendete Sequenz dauert im Film etwa 3 Minuten, davon schätze
ich mal 2-3 Einstellungen in der Totalen. So dreht man Filme in Hollywood.
Und dennoch fragt man sich, warum nicht gleich im Studio um die Ecke drehen?
Die angesprochene Sequenz hätte auch dort kaum aufgesetzter wirken
können.
Tom Shadyac, bisher vor allen Dingen als Drehbuchautor und Regisseur
von Mainstreamkomödien wie Ace Ventura, The Nutty Professor
oder Patch Adams in Erscheinung getreten, hat sich hier eindeutig
verhoben. Niemals ist er in der Lage aussagekräftige Bilder zu finden;
speziell das erste Drittel des Films erinnert an einen TV-Movie.
Informationsvermittlung pur, Szene auf Szene abgearbeitet, bis man den Zuschauer
an der Stelle hat, an der sich die Gänsehaut breitmachen soll. Und damit
das auch jeder merkt, wird kräftig aufgedreht; am Bett des Flatliners
nämlich, der von seiner Todeserfahrung berichtet. Der arme Junge kann
einem leid tun, spürt man doch geradezu wie Shadyacs Regieanweisungen
ihn dazu bringen völlig zu überspielen.
Überhaupt die Schauspielführung: Jeder, aber auch wirklich
jeder, der auf Costner im Verdrängungsstadium trifft, hat diesen Blick,
der weniger eine Emotion erfahrbar macht, als Erinnerungen an Kentucky
Fried Movie oder die Filme der Zucker Brüder zu wecken. Selbst Kathy
Bates macht da keine Ausnahme. Es gibt im gesamten Film nur eine einzige
solide Darstellung; das ist die des Piloten, der Costner in den Urwald bringt
und dann nicht mehr von seiner Seite weicht. Der Darsteller heisst Jacob
Vargas, zuletzt in Soderberghs
Traffic, davor unter anderem
in Gas Food Lodging, Mi Vida Loca oder Mi Familia zu
sehen. Bis dahin ist man dermassen eingelullt von der fehlenden Intensität,
dass Vargas wie ein Erfrischungsbad wirkt. Es ist interessant zu sehen, wieviel
Macht ein guter, oder sollte ich sagen ein engagierter Schauspieler, über
das Gelingen einer Szene hat. Sobald sich die Geschichte wieder der Costner
Figur zuwendet, versumpft alles in dröger Routine. Und in der letzten
Szene, die mit einer mehr oder minder überraschenden Wendung deutlich
den Höhepunkt des Films markiert, lässt sich dann auch nichts mehr
retten. Es ist vielleicht wie bei einem Fussballspiel, wenn die eine Mannschaft
die andere unterschätzt. Es wird dann von Spielerseite immer beteuert,
dass man im Spiel den Schalter nicht mehr umlegen kann. Jeder halbwegs
passionierte Fussballfan wird sich da fragen: Warum hat man nicht von Anfang
an den notwendigen Gang eingelegt?
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