Für Steven Tung Wai als seit den frühen 70s als Darsteller
im HKer Film-Biz tätiger Darsteller und
Drachen-Tiger-Kampfmeister (Longhu Wufa, wie man in HK versierte
Old-School-Kampfkunstchoreografen liebevoll-bewundernd nennt) hätte
eigentlich spätestens nach seinem künstlerischen wie finanziellen
Erfolg mit dem doppelbödigen, slicken Actioner HITMAN (HK, 98),
für dessen Hauptrolle er den Kampfkunst-Superstar Jet Li Lianjie gewinnen
konnte, nichts mehr schiefgehen sollen.
Dennoch ergeben sich erhebliche Schwierigkeiten bei der Fertigstellung
seines nächsten Films, für den er zunächst zwei voneinander
gänzlich unabhängige Filmkonzepte zusammenzubringen versucht. Erste
Entwürfe des Science-Fiction-Actioners C 3 FIGHTERS werden als zu teuer
verworfen. Tung arbeitet an einem neuen Drehbuch, das von seinen Produzenten
zunächst ebenfalls zurückgewiesen wird. Einen Ausweg aus dem Dilemma
findet er in der Kopplung der beiden unterschiedlichen Ansätze.
Nach mehrfachem Umbau und einer mehr als einjährigen
Überarbeitungsphase erscheint der Film, nun vollständig in
Trümmern liegend, ohne nennenswerte Handlung, als rundum mißlungener
Kampfsportfilm EXTREME CHALLENGE (HK, 01) - ein kindergartentauglicher
Rip-Off von Newt Arnolds für das Kampfturnier-Subgenre stilbildendem
BLOOD SPORT (USA, 87) und hoffentlich nur die naive Camp-Version dessen,
was Tung ursprünglich vorschwebte. Sehr wahrscheinlich ist Tung (der
zusammen mit Benz Kong Tou-hoi auch für die Action- und Kampfchoreografie
zuständig ist) von seiner Produktionsfirma Golden Harvest, die seit
98 mit beträchtlichen finanziellen Problemen zu kämpfen hat,
zu drastischen Änderungen und Kürzungen gedrängt worden.
So ist nun die einzige Herausforderung des Films die an den Gleichmut
des Zuschauers, sich ein weiteres Mal der durch Hunderte von billigen
Exploitation-Actionern (in den 70ern aus HK, später aus den USA) bekannten
Story um das ultimative Kampfturnier zu stellen.
Diesem verschlissenen Konzept kann Tung, gestalterisch auf dem Nullpunkt,
außer daß er den üblichen herkunftsspezifischen
US-amerikanischen Überlegenheitswahn in einen mit seiner permanenten
gutmütigen Bevormundung gerade noch erträglichen, kollektivistischen
Sino-Chauvinismus wendet, nicht eine einzige brauchbare neue Idee
hinzufügen. (Wie weit der Film vom Schuß ist, erkennt man auch
daran, daß für den Soundtrack extrem mieses Mainstream-Vocal-House,
wie es etwa um 95 herum in schlechten Clubs in war, verwendet wird.)
Zudem ist Tungs in einer nahen Zukunft spielender
Low-Budget-Pseudo-High-Tech-Müll durch das aufgesetzte, dramaturgisch
irrelevante Neue-Medien/Internet-Subthema und die rückständigen
Videogame-Ästhetik, die er auch noch extrem unbeholfen in Kontrast zu
dem genretypisch schlichten Kiesgruben-Setting setzen muß (Fans japanischer
Superhelden-Idiotien wie z.B. der Kamen Raider-Serie wirds
freuen), der US-Konkurrenz in den meisten Bereichen deutlich unterlegen.
Einzige Ausnahmen sind natürlich die Kampfsequenzen. Hier setzt Tung
sehr agile, (auch in Filmkreisen noch relativ) unbekannte, junge Sportler
aus der VRC ein.
Besonderes Minus des Films ist (bedingt durch die Stoßrichtung
auf den internationalen Markt, dem er allerdings nicht gewachsen ist) sein
charakterloser Look in Verbindung mit seiner ungemein zuschauerstressenden
moralischen Niedlichkeit. Hochpenetrant sportsgeistbimbomäßig
wird von den zum Kotzen rechtschaffenen chinesischen Athleten in ihrer
einfältigen Selbstgerechtigkeit ohne Unterlaß über den wahren
Kampfgeist, eherne olympische Wettkampfethik und deren Unvereinbarkeit mit
kommerziellen Interessen gefaselt. (Daß der chinesische Hochleistungssport
aber durch fortwährende Dopingskandale wie etwa das Auffliegen der zu
Hochleistungszombies verwandelten Athletinnen während der
Schwimmweltmeisterschaft in Australien diskreditiert wird, bleibt natürlich
völlig ausgeblendet.)
Man wünschte sich sehr viel mehr zynischen Hauruck und ehrliche
Aggressivität in diese gewaltentschärfte Sache. Schließlich
beruft sich der bis zur Unkenntlichkeit verkochte EXTREME CHALLENGE im Vorspann
auf die Würgeengel aus der in zahlreichen echten, ultrabrutalen
Ultimate Fighting Champinoships unbezwungenen, brasilianischen
Ringer-Dynastie der Gracies. Und deren Kampfverhalten hat nun wirklich nichts
mit der gezierten Zimperlichkeit von Tungs Film zu tun. Ein mickriges
Einspielergebnis von nur knapp 42.000 HK-Dollar ist daher für dieses
Eigentor voll gerechtfertigt.
-MAERZ- (Axel Estein)
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