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Gattaca
USA 1997
Regie: Andrew Niccol
Mit Jude Law, Ethan Hawke, Uma Thurman
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PLOT
Wenig schöne neue Welt genetischer Perfektion,
in die Vincent als eines der wenigen nicht optimierten Babys hineingeboren
wurde. Sein Ehrgeiz ist riesig und er tauscht seine Identität mit dem
optimierten, aber seit einem Unfall an den Rollstuhl gefesselten Jerome.
Er beginnt, sich in der Welt der Optimierten durchzuschlagen, sein Traum,
der Flug zum Titan, rückt in greifbare Nähe.
KRITIK
Gattaca ist ein Thesenfilm, der vermeintlich noblere
große Bruder der gemeinen ScienceFiction. Das Hauptproblem aller
Thesenfilme aber bleibt ungelöst: wie setze ich mein philosophisches
Problem und die Geschichte so in ein Verhältnis, daß letztere
nicht als bloßes Transportmittel erscheint, dergestalt abgewertet wird
und dadurch beides als unverbunden auseinanderklaffen läßt. Eine
notwendige (wenngleich, natürlich, nicht hinreichende) Bedingung: ich
lasse die Figuren, oder gar einen Erzähler, nicht ständig über
mein Problem reden. Am besten: gar keinen Erzähler einführen, das
wirkt in jedem (na gut, in fast jedem) Fall papieren und unfilmisch. Leider
hält sich der Film nicht dran. Vincent Freeman (weitere Regel: keine
allzu aufdringlich spre- chenden Namen!), die Hauptfigur, erzählt und
erzählt und interpretiert zu allem Überfluß auch noch sein
Verhalten, seine Wünsche, was er tut und vorhat. Wir wollen das sehen,
nicht hören. So schlecht ist Ethan Hawke als Schauspieler auch wieder
nicht, daß er nicht mal seinen extradiegetischen Mund halten
könnte.
Das philosophische Problem des Films ist ein
ethisches und hängt sich direkt an aktuelle Diskussionen zur Entwicklung
der Gen-Technik (Dolly!): Was, wenn man sich seine Kinder aussuchen, sie
genetisch optimieren kann. Die Antwort daraus, die dieser Film ist, scheint
erst mal der - ja auch ganz okaye - moralische Mainstream: das wird böse
enden. Die Nicht-Optimierten (in-valids) werden zu einer Art Sklaven der
Optimierten (valids). Der Film buchstabiert das an drei Männern aus.
Vincent - sein optimierter Bruder und Jerome Morrow, der durch einen
Selbstmordversuch verkrüppelte Valide. Es stellt sich natürlich
die Frage, warum Valide Selbstmordversuche unternehmen. Wäre es nicht
viel grausiger, wenn sie wirklich p e r f e k t wären? Durch
nichts aus der Bahn zu werfen. Der Impuls des Drehbuchautors, an völlige
Kontrolle nicht glauben zu wollen, ist, nun ja, menschlich: aber taugt das,
um Visionen des Unmenschlichen zu entwerfen?
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Vincent verwandelt sich
nun in Jerome, mit Hilfe kosmetischer Tricks und Operationen, um sich seinen
Traum vom Flug zu den Sternen erfüllen zu können. Dabei stellt
sich heraus, daß er tatsächlich, dank seiner Willenskraft, viel
p e r f e k t e r ist als all die genoptimierten Validen um ihn
herum. Ihm gelingt, hinter der Fassade einer Identität, die dadurch
aber gerade seine eigene wird, die totale Assimilation - die Spuren der
Abweichung bleiben minimal, wimpernklein. Wie schon 'Starship Troopers' (wenn
dieser auch auf seine ganz andere, sehr verwirrende, postmodern-faschistische
Weise) propagiert der Film die absolute Leistungsbereitschaft. Vincent denkt
gar nicht daran, irgendwas zu sabotieren, er betreibt die Mimikry an den
Geist seiner Gegner - im Geist dieser Gegner. Ganz so, wie er sich auf die
Schwimmwettkämpfe mit seinem Bruder einläßt: das ist die
optisch kitschige, inhaltlich überflüssige Allegorie (oder eher
Mise-en-abîme) der ganzen Geschichte als
Brudergeschichte.
Dazu paßt dann auch, daß Jerome,
der invalidierte Valide, am Ende sterben muß im Autodafé
buchstäblicher Art. Vincent dagegen fliegt zum Titan. Der Film
läßt ihn sagen, er sei auf Erden, in dieser Gesellschaft, nicht
zuhause gewesen. Das ist ein grotesker Irrtum: Vincent ist ein Erfolgsmodell.
Und der Film redet diesem Darwinismus, ganz gegen seine Absicht, das Wort.
Denn sein offenes Pathos ist ein anderes (und natürlich wird's auch
überdeutlich ausgesprochen): das des kleinen Jungen, der seinen
verrückten Traum durchsetzen will, against all odds. Aber diese Geschichte
erzählt 'Contact' besser - und ist konsequent darin, daß die
Erlösung, die Jodie Foster zuteil wird, eine private bleibt. Hier aber
gibt's keine Erlösung, hier gibt es nur eine Karrierre, auf die Vincents
Vorgesetzter (Gore Vidal, der der scheinbaren Widerständigkeit dieses
Films offenbar auf den Leim gegangen ist) allen Grund hätte, stolz zu
sein - der Arzt übrigens ist klug genug, das so erfolgreiche
Täuschungsmanöver zu
belohnen.
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Die Optik des Films wird viel gelobt. Vor allem aber merkt man, daß
Krysztof Kieslowskis Kamera- mann immer noch mit Farbfiltern umgehen kann
(das ganze ist in Braun-Gelb-Sepia-Tönen gehalten) und daß mit
Weitwinkel aufgenommene Räume immer noch unheimlich wirken. Die Architektur
ist geschmack- volle Moderne. Schön, mal wieder
Mies-van-der-Rohe-Stühle im Kino zu sehen. Die Musik Michael Nymans
einschmeichelnder Klassik-Pop - der aber nie den entscheidenden Kontrast
in Bildern und Erzählung findet, der ihn bei Peter Greenaway so
unwiderstehlich machte (und daß die Besetzung neuerdings so
hollywoodkonform streicherlastig ist, läßt die Grenze zum Kitsch
endgültig überschritten sein).
Die Liebesgeschichte ist leider komplett
überflüssig und man kann dazu nur sagen, daß, hätten
sich Ethan Hawke und Uma Thurman Gattaca fürs erste Date ausgesucht,
es nichts geworden wäre mit den beiden. Gratulation trotzdem zur Geburt
der Tochter.
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