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L'Humanité
F 1999
Regie: Bruno Dumont
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Pharaon de Winter, ein kleiner
Polizist in einer nordfranzösischen Stadt, trägt das Leid der Welt
auf seinen schmalen Schultern. Er spricht ausdruckslos, er blickt gequält,
und hin und wieder, etwa am Anfang des Films, streckt es ihn nieder, dann
kann er dem Elend nicht mehr ins Auge blicken. Oder er brüllt in den
Lärm des vorbeifahrenden TGV hinein, eine Geste der Ohnmacht, der es
in sich selbst noch einmal an jedem Mut zu hörbarem Protest
gebricht.
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Das Elend, an dem er leidet, betrifft ihn unmittelbar. Mord und Vergewaltigung
eines Mädchens blicken ihn - und uns - aus den blutigen Rändern
einer Vagina an, ein Ausweichen des Blicks ist nicht möglich. Ein zweiter
langer Blick auf eine Vagina führt uns das Ausmaß seiner
quälenden sexuellen Frustration vor Augen - er begehrt seine Nachbarin,
die mit diesem Begehren (in einer seltsamen Mischung aus Sensibilität
und Frivolität) spielt und die visuellen Erläuterungen der
Verhältnisse sind so umstandslos wie krude, dass es einem schon die
Sprache verschlagen kann. Krude, aber rätselhafter sind dann wieder
andere Bilder: wenn Pharaon einen Kleinverbrecher streichelt und küsst,
oder am Endes den zuletzt überführten Mörder und Vergewaltiger,
mit dem ihn mehr verbindet, als man zuerst ahnt. Diese Küsse und
Annäherungen sind die Metaphern eines verzweifelten und sehr abstrakten
(ja perversen) jesusmäßigen Erbarmens mit einer von Schuld
gedrückten Menschheit - um die es bei Gott schlecht bestellt sein muss,
wenn sie des Erbarmens eines solchen Tropfs, wie Pharaon de Winter einer
ist, bedarf.
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Schnell erkennt man, was man schneller noch gespürt hat:
die kargen Bilder, die verbrauchten Gesichter, die unschönen Menschen
sind eine unspektakuläre Oberfläche, unter der das Herz eines
existenziellen Pathos mit großer Wucht schlägt. Der Titel untertreibt
nicht, wenigstens die Absichten des Regisseurs nicht, der dem kleinen und
dumpfen Kreis seins Personals, den überaus banalen Kreisen, die es zieht,
eine ganze, vernichtende Weltanschauung aufoktroyiert, neben der die eines
Michel Houellebecq wie strahlender Optimismus ausssieht. L'Humanité
ist noch in seiner Negativität christlich inspiriert, aber Pharaon de
Winter ist Christus, der Leidende, nicht der Erlöser. Übrig ist
nur ein jansenistisches Weltbild, das, um alle Hoffnung auf Gnade noch einmal
verdüstert, eine schuldverfallene Welt der Gnade eines fernen Gottes
ausgeliefert sieht. Ferner aber als in L'Humanité war er
selten.
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