Schwerpunkt Hong Kong: Ringo Lam: Looking for Mister Perfect (Hongkong 2001-2003)

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Ringo Lam: Looking for Mister Perfect (Hongkong 2001-2003)

Regie: Ringo Lam Ling-tung
Story: Ringo Lam Ling-tung
Drehbuch: Michael Christopher Cassey
Owner: Charles Heung Wah-keung
Administrative Producer: Tiffany Chan Ming-ying
Production Executive: Catherine Chan Tou-hiu
Kamera: Ross Clarkson
Schnitt: David Richardson
Musik: Roger Wang
Ausstattung: Cynthia Ong
Kostümdesign: Sukie Yip Suk-wah
Regieassistenz: Cash Chin Man-kei
Action-Choreografie: Nicky Li Chung-chi
Stunt-Assistent: Hon Tsun
Makeup: Maggie Choi Yin-tsing
Darsteller: Shu Qi, Andy On Chi-kit, Simon Yam Tat-wah, Lam Syt, Hui Shiu-hung, David Wu Dawei, Ruby
Wong Cheuk-ling, Raymond Wong Ho-jin, Chapman To Man-tsak, Nelson Cheung Hok-yun, Isabel Chan
Yat-ning, Kristal Tin Yui-nei, Wayne Lai Yiu-tseung, u.a.
 

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Ringo Lam: Looking for Mister Perfect (Hongkong 2001-2003)
Text von -MAERZ-
(Axel Estein)


 zum Hong-Kong-Schwerpunkt

Der Actionspezialist Ringo Lam gehörte mal zu den verläßlichsten Hard-Boiled-Boliden des Hong Kong-Kinos. Damals, Ende der 80er, noch Anfang der 90er. Er war heiß. Und er war kalt. Er war slick, hustlete sich immer wieder einen Weg zu den Projekten, die ihm was bedeuteten. Die den Zuschauern was bedeuteten. Den Spaten am Herz. Dann kriegten ihn die Verhältnisse am Wickel. Die Filme wurden größer. Das mußte bezahlt werden, erstmal wieder eingespielt werden. Verpflichtungen. Ringo geht seinen Weg, wie er denkt, ihn zu gehen, tatsächlich aber immer mehr gegängelt wird - von den Verhältnissen, wovon sonst?! - und verrennt sich. Die letzten zehn Jahre seiner hauptsächlich in den USA und Kanada geleisteten Arbeit sind ein Auf und Ab auf einer nach unten gerichteten Resultanten. Bei einem Mann wie Lam ist die Sache damit längst noch nicht entschieden. Ein konzentriertes Innehalten, wirklich konzentriert, wirklich innehaltend, mit der Bereitschaft fett abzuspecken: Die Sache, seine Sache könnte schnell wieder ganz anders aussehen: ausgehungert, ausgemergelt, mit scharfen Konturen. Diese Bereitschaft ist bei ihm noch nicht vorhanden.

Vielleicht empfindet es Ringo Lam nach dem Serialkiller-Psychothriller REPLICENT (USA, '01), einem weiteren Rückschritt in seiner internationalen Karriere, als an der Zeit, einmal in eine für ihn inzwischen völlig ungewohnte Richtung zu arbeiten. Er benutzt dafür ein Sujet von dem er sich gleich nach seiner Anfangszeit als Regisseur bei Cinema City mit Grausen abgewendet hat und dreht die romantische, mit Screwball-Elementen vollgestopfte Verwechslungs- und Agentenkomödie LOOKING FOR MISTER PERFECT.

Große Überraschung: Lam weg vom bleischweren, düsteren Drama, hin zur pastellfarbenen, federleichten Flausch- weichzeichnerei. Die Exposition (im Nachhinein das Beste an diesem Film) dreht er in HK, den Rest in der Sommerfrische einer malaysischen Ferieninsel. Soviel nervenaufreibende Entspannung und Wohlgefallen fordert von einem rastlosen Unruhestifter wie Lam sicher die volle Konzentration. Kein Wunder, daß die Postproduktion fast ein Jahr in Anspruch nimmt und dann weitere lange Monate ins Land gehen, bis der längst überfällige, von Johnnie To Kei-fung über One Hundred Years Of Film und Milkyway Image Ltd. Production für die China Star Entertainment Group produzierte Film endlich erscheint.

Ein anderer Grund für die Veröffentlichungsverzögerung ist angeblich die Star-Politik China Stars: Dort soll man darauf bestanden haben, MISTER PERFECT nicht vor Tsui Harks aus verscheidenen Gründen lange überfälligem BLACK MASK 2 - CITY OF MASKS (HK/USA, '01), der nach langem Hin und Her schließlich Anfang '03 in HK startet, in die Kinos zu bringen, um dem Necomer Andy On Chi-kit, Hauptdarsteller beider Filme, eine bessere Startbasis zu geben. Keine Fehlentscheidung, aber eine, die unnötig Nerven kostet, da keine der beiden Produktionen Hitpotential besitzt und der ABC (American born Chinese) Andy On mit der Ausstrahlung und artistischen Geschmeidigkeit eines frisch gestärkten Bettlakens auftritt.

Das ganze Gegenteil der Plot von MISTER PERFECT: fluffy-aufgeschäumt, wie in Schlagsahne gemeißelt, verliert er sich schnell in gagig-quirliger Situationskomik. So was kennt man aus neueren Filmen von Johnnie To und Wai Kar-fai oder von Joe Ma Wai-ho: flott über die Runden gebrachter, schlichter Nonsens und Klamauk (bei Lam sind's z.B. irgendwie flamenco- oder gällisch-stepptanz-zackig inspirierte, merkwürdig ungelenk, turnstundenmäßig unecht wirkende Kampfnummern mit exzessivem Fingerschnippen, Sonnenschirmfechten, Früchtebombardement, computeranimierten lachenden Sonnenblumen und andere Affigkeiten), der muß sofort wieder raus aus dem System oder erzeugt Übelkeit.


Federleichte Flauschweichzeichnerei

Nach dem nicht unattraktiven Action-Auftakt in HK entweicht unter der hirnerweichenden malaysischen Äquatorialurlaubssonne der Druck aus dem ungewollt verfallsbeschleunigten MISTER PERFECT so schnell wie aus einer porösen Luftmatratze. Die Handlung verliert sich trotz einiger guter Szenen schnell irgendwo an Nebenschauplätzen; Lam findet nicht mehr zum Kern des Plots zurück. Für einen Film, der mehr sein will als ein farbenfroher Urlaubsgruß von exotischen Orten oder ein Werbefilm, gesponsort vom malaysischen Touristikministerium okay.

Noch nie hat Lam den roten Faden, die dramatische Struktur so sehr aus den Augen verloren wie hier. Unverbindlich wie die banalen Animationen in einem Ferienclub reihen sich die Plotelemente hintereinander. Ein tiefergehendes narratives Konzept als bei den Flachwasserspezialisten dieses Genres (Raymond Wong Pak-ming, Clifton Ko chi-lam oder Wong Jing) wird man nicht an Land ziehen. Die geheimen Pläne für ein Raketenlenksystem, die sich zwei in ihrer Motivation völlig unterdefinierte Gruppen gegenseitig abzujagen trachten (Haupt- wie Nebenfiguren dimensionslose Charaktere, von den Darstellern - größter Pluspunkt - trotzdem mit ziemlichem Spaß gespielt), können deshalb nicht mehr als ein MacGuffin sein. Genauso die titelgebende romantische Suche nach dem "perfekten Mann": ein unbedeutender szenischer Ausgangspunkt, alles andere als die bestimmende thematische Grundlinie. Aber auch die unvorhersehbare anything-goes-Haltung ist keine Planungsvorgabe, sondern resultiert aus Konzeptlosigkeit und Zufall.


Temporale Dehnungs- und Stauchungseffekte?

Hätte man von Lam, unbeschwert durch narrativ-dramatische Strukturzwänge, wirklich so etwas wie eine kleine oder größere Belastungsstudie über temporale Dehnungs- und Stauchungseffekte in dynamischer Abhängigkeit von Screwball- Beschleunigungsmechanismen erwarten können? Kaum. Dafür ist er zu wenig Filmtheoretiker, vielleicht auch einfach zu unflexibel und zu sehr Erzähler (wovon man hier allerdings nichts mitbekommt). Wen wundert's. Lam ist eben kein Formwandler. Wenn er - was sehr mutig ist - aus seinem vielfach optimierten Schutzpanzer steigt, muß das wohl erstmal seltsam und befremdlich sein.

Solange Lam seinem Hard-Boiled-Wesen treu und bei der Brechstange bleibt und nicht versucht, Bambus zu spielen - kein Problem. Hier wird es zu einem. Was bei anderen (unabhängig vom Idiotiefaktor) absichtsgemäß als Augenzwinkern verstanden wird, wirkt bei Lam eher wie ein unkontrolliertes, nervöses Liderflattern. Um auch in diesem Genrebereich souverän mitspielen zu können, muß er wohl noch etwas üben.

-MAERZ- (Axel Estein)

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