Als ungeladener Gast platzt eine Frau in den Weihnachtsabend eines
vermeintlich glücklichen Ehepaares: Mi-heun erfährt, dass ihr Mann
sie betrogen hat, lange schon. Im Verlauf der Auseinandersetzung wird sie
von der Geliebten ihres Mannes niedergeschlagen. Der Film macht einen Sprung.
Monate später leben Mi-heun, ihr Mann und ihre Tochter nicht mehr in
Seoul, sondern in einem kleinen Provinzort an einem See, in wunderschöner
Landschaft, Abwechslung aber gibt es, vom Thermalbad abgesehen kaum. Dass
etwas nicht stimmt, stellt der Film in vielleicht etwas zu vielen und etwas
zu ausführlichen Szenen aus dem Alltag der Protagonistin klar. Mi-heun
ist apathisch, von heftigen, nur mit Tranquilizern zu behandelnden Kopfschmerzen
heimgesucht, ein Gespenst, nicht mehr sie selbst. Erzählt wird nun die
Geschichte der Erlösung Mi-heuns.
Ins Werk gesetzt wird sie durch ein zunächst frivoles Spiel des
Arztes In-kyu, der ihr Nachbar ist, dessen Weg der Film sie am Ort eines
früheren Eifersuchtsdramas kreuzen lässt, verheiratet auch er,
aber seine Frau lebt in der Stadt. Der Deal: sie beide gehen auf vier Monate
eine Beziehung ein, mit Sex, aber ohne Liebe. Wer die Worte "Ich liebe dich"
als erster spricht, hat verloren. Es ist nicht so, dass der Film bis dahin
einen Zug ins Spielerische gehabt hätte, schwermütig und
schwerblütig entwickelt er das Geschehen bis an diesen Punkt, der umso
überraschender kommt. Nach einigem Zögern lässt Mi-heun sich
ein auf dieses Spiel - nicht aus Rache am Ehemann, eher aus dem Mut der
Verzweiflung heraus, mit dem sie sich aus dem endgültigen Verlöschen
reißen möchte. Der erste Sex im Motel wird zum ersten Schritt
der Befreiung aus den Banden der Depression - und natürlich auch zum
ersten Schritt in Verstrickungen, die das Leben aller Beteiligten völlig
aus der Bahn werfen werden.
Die bisher als Dokumentarfilm-Regisseurin arbeitende Byun Young-joo
ist in ihrem Spielfilmdebüt bemüht, das Melodramatische der
Bestseller-Romanvorlage in die geordneten Bahnen des sehr gemäßigten
Erzähltempos und der sorgfältig komponierten, auf die Dauer aber
etwas akademisch-blutleeren Bilder zu lenken. Von der Wucht des das Leben
der Protagonistin gleich mehrfach desorientierenden Geschehens ist auch im
Spiel der sehr zurückhaltend agierenden Darstellerin Kim Yun-jin wenig
zu sehen. Dazu will der Hang zum Überdeutlichen, ja Symbolischen, der
der Inszenierung manchmal eignet, schlecht passen. Es scheint, als wollte
sich Byun Young-joo gerade in den Momenten des Exzesses und der
Überschreitung der erzählerischen wie der moralischen Konvention
mit beinahe kunsthandwerklichen Griffen auf sicheres Terrain zurückziehen.
Geschmack ist Mil-Ae nicht abzusprechen, an Wagemut und Leidenschaft aber
fehlt es dem Film.
zur Jump Cut Startseite |