Zur Druck-Version Gespräch mit Benjamin Quabeck (Nichts bereuen)

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Gespräch mit Benjamin Quabeck

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Zur Druck-Version Gespräch mit Benjamin Quabeck
Von Christoph Elles

zur Kritik des Films

Benjamin Quabeck

Erfolg lässt sich manchmal in Entfernungen messen: München - Frankfurt - Wolfsburg - Frankfurt - Paris - München. Drei Tage und 2500 Kilometer im Leben von Benjamin Quabeck. "Das ist schon irgendwie die Hölle", meint der 25-jährige Regisseur, dessen Debütfilm "Nichts bereuen" am 15. November bundesweit in die Kinos kommt. Seit das Werk des Ennepetalers bei diversen Festivals Preise, Jubelstürme und Kritikerlob en masse eingesammelt hat, wollen alle Quabeck. Zwei Musikvideos, ein Imagefilm und ein neues Spielfilmprojekt stehen schon fest im Kalender. Nach Paris ist der Mann nur geflogen, um eine Kamera zu testen. "Man ist plötzlich in aller Munde und wird zu Premieren eingeladen von Leuten, die man gar nicht kennt", erzählt Quabeck und hört sich nicht sonderlich erstaunt an, eher sachlich. "Letztendlich macht man ja Filme, weil man denkt, dass das irgendwie hinhaut." Schon vor einem Jahr, als Quabeck in Wuppertal drehte, wo "Nichts bereuen" spielt, glaubte er fest daran, einen Verleih zu finden. Dass der Riese UIP neben dem jungen OttFilm-Verleih einsteigen würde, war jedoch kaum abzusehen. Qualität setzt sich offenbar hin und wieder durch.

Denn "Nichts bereuen", so wahrhaftig, dass man oft das Gefühl hat, Quabeck würde die Tagebücher einer ganzen Generation durchblättern, ist einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre geworden. Rotzig, witzig und ein bisschen wütend erzählt er vom 19-jährigen Daniel (Daniel Brühl), der nur Luca (Jessica Schwarz) liebt, seit vier Jahren und erfolglos. Plötzlich ist die Schule vorbei, das Leben verschwimmt, und erstmal macht Daniel Zivildienst. Er lernt die Diakonieschwester Anna (Marie Lou-Sellem) kennen und entdeckt, dass es für alles eine Alternative gibt, auch für Luca.

Quabecks Film beschreibt das Erwachsenwerden als schmerzhafte, aufregende und manchmal groteske Erfahrung, in der es viel zu verlieren, aber nichts zu bereuen gibt. Ungekünstelt und lebensecht kann das nur wirken, weil der Regisseur und Autor der Romanvorlage viel von sich selbst in den Film gesteckt hat. "Ich habe mir das Erwachsenwerden schon relativ schwierig gemacht", findet Quabeck. "Ich bin sehr lange meiner ersten Liebe hinterhergerannt und habe ihr dann sehr lange hinterhergetrauert." Außerdem hat der Regisseur wie seine Figur Daniel Zivildienst bei der Diakonie gemacht und dabei mit alten Menschen gearbeitet. "Das hat mir ziemlich viel gebracht, um überhaupt mal von meinem eigenen Horizont wegzukommen." Übertreiben sollte man die Suche nach Parallelen allerdings nicht. "Es ist eher Daniels Lebensgefühl, das aus meiner eigenen Vergangenheit stammt." Sich aus unerwiderter Liebe ans Kirchenkreuz zu hängen, wie Daniel es in einer Szene tut, hat Quabeck nie ernsthaft erwogen. "Genau dafür gibt es ja Filme", meint der Regisseur. "Um einfach mal das zu machen, was man sich immer nur vorgestellt hat."

Die eigenen Fantasien in Bilder umzusetzen, das konnte Benjamin schon als Kind. Mit sieben hat er im Keller der Eltern eine Geisterbahn gebaut. "Ich war schon immer ein Jahrmarktstyp." Mit zwölf hat er Papas Videokamera annektiert, mit 15 Splatterfilme gedreht, mitsamt Geisterjägern und Kunstblut. "Wir haben viel mit Kirschwasser und Kakao probiert", erinnert sich Quabeck, "Das bekam man nie wieder ab, weil es so klebte." Die Sauerei hat sich im Nachhinein gelohnt: Heute sind Benjamins Eltern "ziemlich stolz und schwer begeistert von dem Film", freut sich der 25-Jährige, der an der Filmakademie in Ludwigsburg Regie gelernt hat. Ins Bergische kam er zurück, weil "Nichts bereuen" vom WDR und vom Filmbüro NRW gefördert wurde. Und weil er Wuppertal auf raue Art romantisch findet. "Der Film betont nicht immer, dass er in Wuppertal spielt", erklärt Quabeck. "Aber er entdeckt viele kleine Ecken in der Stadt."

Ein "Straßenfilm" sollte "Nichts bereuen" werden, dreckig, körnig, wacklig und dunkel. "Wir wollten ja keinen Hollywood-Film inszenieren", stellt der Regisseur klar. "Ich mag den Look sehr, so wie er ist." Ob "Nichts bereuen" damit die ganz großen Massen ins Kino zieht, findet Quabeck nicht so wichtig. Kassenknüller sind oft genug eher lau: "Mich ärgern Filme, bei denen inhaltlich nichts übrigbleibt, die erzählen, sie wären eine Jugendkomödie, und sind eigentlich nur eine Aneinanderreihung von extrem schlechten Witzen." Quabeck lamentiert nicht, er möchte helfen, das deutsche Kino wieder spannender zu machen, auch für junge Leute. "Deutsche Musik wird ja auch immer mehr akzeptiert. Vielleicht kann man da insgesamt ein anderes Bewusstsein schaffen, das wäre natürlich wundervoll." Die Freunde seiner 19-jährigen Schwester, die er zu Testvorführungen einlud, hat er schon überzeugt. Obwohl die vorher fanden, dass "deutsche Filme immer Scheiße sind". Auch die Leute aus seinem Team, die den Film mit geschaffen haben, mögen "Nichts bereuen", sagt Quabeck. "Das ist für mich eigentlich das Wichtigste."

In "Jugendherbergs-Atmosphäre", in einer alten Wuppertaler Villa, haben alle Beteiligten während der Dreharbeiten zusammen gewohnt. Auch nach 16 Stunden am Set wurde dort noch Kicker gespielt und das Bier des Sponsors getrunken. "Manche Leute sind nach Ende der Dreharbeiten länger geblieben, weil sie es so cool fanden", erzählt Quabeck. Sehr lustig seien die Monate gewesen, sagt er, aber auch extrem anstrengend. "Manchmal ist morgens der Regisseur persönlich durch die Gänge gelaufen und hat die Leute wach gemacht." Dazu kamen die üblichen Probleme mit Equipment, Wetter und Autofahrern, die trotz Verbots die Drehorte zuparkten. "Da lagen ab und zu die Nerven blank", berichtet Quabeck. Aber letztendlich hält er es wohl wie Daniel: Nichts bereuen und ein Stück weit reifen mit dem, was man tut. "So richtig erwachsen geworden bin ich nie, sonst wäre ich ja nicht Filmemacher", meint Quabeck. "Aber eine gewisse Gelassenheit, eine Art, mit sich selbst ins Reine zu kommen, die ist schon erstrebenswert."

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