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Siddiq Barmak: Osama  (Afghanistan 2003)

 

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Siddiq Barmak: Osama  (Afghanistan 2003)
Kritik v
on Ulrike Mattern

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Afghanistan ist weit von uns entfernt. Ein Landstrich im Weltatlas, eine Schlagzeile in den Nachrichten. Jetzt erreicht der erste afghanische Spielfilm nach dem Ende des Taliban-Regimes die Kinos. "Osama" schaut auf die Zeit des religiösen Wahns zurück und stellt ein als Junge verkleidetes Mädchen mitten in das Zentrum der Fanatiker.

Nur in Begleitung ihrer Männer dürfen Frauen das Haus verlassen. Allein lebende sind gezwungen, sich regelwidrig zu verhalten, weil sie für ihren Unterhalt sorgen müssen. Bewaffnete Taliban, die mit Lastwagen durch die Gegend fahren, drohen diesen Frauen. Eine Ärztin, die einen Patienten im Hospital versorgt, und ihre Tochter beschimpfen die Männer und schicken die beiden nach Hause.

Aus der Not heraus macht die Großmutter den Vorschlag, der Zwölfjährigen die Haare abzuschneiden und sie wie einen Jungen zu kleiden. Sie arbeitet und ernährt so die vaterlose Familie. Die ungewohnte Rolle birgt Gefahren. Die Kleine muss an religiösen Riten teilnehmen, die Männern vorbehalten sind. Als die Taliban alle Jungen für die Koranschule rekrutieren, bleibt die Identität des Mädchens, das sich Osama nennt, nicht lange geheim. Es wird für sein Vergehen bestraft.

1994 wurde der letzte Spiel-, 1996 der letzte Dokumentarfilm in Afghanistan gedreht. Unter den Taliban galt ein Bilderverbot: Filme, Fotos und Malerei waren nicht erlaubt. Weltweit stieß die Zerstörung der berühmten Buddha-Statuen auf Empörung. Sieben Monate nach dem Sturz der Taliban drehten junge Afghaninnen den ersten Dokumentarfilm. Dieser lief im Frühjahr 2003 auf dem Dortmunder Filmfestival femme totale. Das Leiden der Frauen in dem zerstörten Land bekam durch "Afghanistan entschleiert" ein Gesicht.

Bis zur Machtübernahme durch die Mullahs war der Regisseur Siddiq Barmak Direktor von Afghan Film, eine Produktionsfirma und ein Archiv.1996 ging er ins Exil. Nach seiner Rückkehr übernahm er die alte Position und im letzten Jahr zusätzlich die Leitung der Afghanischen Kinder-Erziehungs-Bewegung. Mit finanzieller Unterstützung durch den iranischen Regisseur Mohsen Makhmalbaf ("Die Reise nach Kandahar") wurde sein Film "Osama", der mit Laiendarstellern besetzt ist, realisiert.

Afghanistan rückt durch ihn näher an uns heran. Bilder prägen sich ein: die abgeschnittenen Zöpfe im Blumentopf, modisch geschnürte Sandalen an Frauenfüßen, das Seil springende Mädchen mit dem Kurzhaarschnitt. Eine Szene brennt sich fest: Wenn Osama, von den Jungs der Koranschule zu einer Mutprobe herausgefordert, einen kahlen Baum hoch klettert, auf dessen Ast sitzt und sich nicht traut, wieder herunterzusteigen. Sie hat panische Angst, und weit unter ihr, auf dem sicheren Erdboden, versammelt sich eine Horde hetzender Jungen mit weißen Turbanen.

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