John Woo: Paycheck (USA 2003)

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John Woo: Paycheck (USA 2003)
Kritik von Ekkehard Knörer

 

Rhetorische Figur des Nicht-Wissens, das Bild, das sich als Bild dem Blick verweigert (wie der Gedankenstrich bei Kleist): die Weißblende, die drei Jahre löscht und der Erzählung von "Paycheck" einen Drall versetzt, von dem sie leider allzu rasch wieder in geregelte Bahnen zurückfindet. Und das liegt an John Woo, dem Großmeister der Kunst, den Stillstand, den Action-Szenen ihrem narrativen Wesen nach sind, als Vorwärtsjagd geradeaus zu inszenieren. Mit Gewalt begradigt er so die Doppelbewegung zwischen gelöschter, in der Gegenwart rekonstruierter Vergangenheit, und der Zukunft, die immer schon aus der Vergangenheit kommt als unvertrauter Gegenstand.

20 Gegenstände als Faszinosum dieses Films. Man kann an Dominik Grafs allerdings viel aleatorischeren Entwurf in "Der Felsen" denken. "Paycheck" dagegen ist nicht die Geschichte von Würfelwürfen, sondern im Gegenteil: eine Geschichte, der Determinismus-Komplikationen, die man sich mit Blicken in die Zukunft einhandelt. Michael Jennings, der Held, der nichts weiß und sich alles Wissen situativ erarbeiten muss, der Held, der als exemplarischer Action-Held sich in jedem Moment neu erfinden muss als der, der er ist, ohne zu wissen, wie ihm geschieht, der Held, der sich selbst vorhergesehen hat als den, der sich an nichts erinnert, der Action-Held also als durchweg paradoxer Entwurf. Ein Held, der mit dem Nicht-Schauspieler Ben Affleck beinahe noch zu ausdrucksstark besetzt ist, weil der Selbst-Zweifel in seiner direkten Umsetzung in Aktion nicht nach Psychologie verlangt, sondern nach einer Geschwindheit, die von totaler Eigenschaftlosigkeit auf die Schnelle gar nicht zu unterscheiden sein darf.

Die Weißblende als der Ort, der die Narration gebiert. Das Subjekt, das durch die Löschung in Bewegung gerät, gesteuert von einem zeitlich dissoziierten Unbewussten, das nicht in Verschiebungen und Verdichtungen aktiv wird, sondern in Zügen in einem Kräftefeld, dessen Kräfte spürbar, dessen Gesetze aber (wenn auch nicht bis zuletzt) unbekannt bleiben. Alle Nebenfiguren sind Spielmaterial, das John Woo, wie man es von ihm erwarten darf, in eleganter Manier verpulvert. Und wie sich der Film in der Weißblende, im Nicht-Blick, öffnet, so schließt er sich mit dem Licht, das eine Taube gebiert, die, gleichfalls als eine Art Weißblende, auf den Betrachter zurast und die Leinwand füllt. Hier ist längst alles konventionalisiert: der Held, zu dem Affleck nun nicht mehr taugt, der Showdown, der der Logik der Prämissen zuwiderläuft. Den letzten Gegenstand dann reißt, mit aller Unverfrorenheit, deren es fähig ist, Hollywood Philip K. Dick aus der Hand. So endet der Film mit der Erfüllung der Versprechen, die zu enttäuschen ihn zu einem besseren gemacht hätte.

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