Schritte in einem Treppenhaus, Cheung (Andy Lau) tritt hinaus
auf ein Hochhausdach, er wird in den Tod springen. In kurzen Flashbacks erfahren
wir, dass er nur noch wenige Tage zu leben hat, statt seines Sprungs aber
sehen wir die Vorgeschichte. Er nutzt den Ernst der Lage für ein letztes
Spiel um viel Geld, für ein letztes Kräftemessen mit dem Mörder
seines Vaters. Er spielt das Spiel, das Johnnie To angemessen spielerisch
inszeniert, über Bande. Zur Figur im genau vorausberechneten Blitzschach
wird der Polizist Ho (Ching Wan Lau), der immer einen Schritt hinterher ist
und doch klug genug, zu wissen, wie ihm geschieht.
Running Out of Time wird zum Duell der beiden, aber blutiger
Ernst wird das nie: wie zwei Freunde seit langem, wie Hannibal und Clarice,
spielen sie das, haben das Vergnügen des Zuschauers an den Tricks des
anderen, an seiner Fähigkeit, den Kopf noch in aussichtlosen Situationen
aus der Schlinge zu ziehen. Der Film, selbst schon ein Endpunkt eines Genres
(und darum wissend), lebt von einer Logik der sich langsam steigernden
Wiederholungen, denen eine Annäherung des Gangsters, der nichts Böses
im Sinn hat, und des Polizisten, der Gerissenheit mehr schätzt als
Rechtschaffenheit, parallel läuft.
Johnnie To hat hier ein wunderbares Rhythmusgefühl, dosiert
Temposteigerungen (zum Teil buchstäblich: in Zeitraffer-Aufnahmen)
und Momente fast kompletten Stillstands perfekt: nicht der geringsten
Plotnotwendigkeit verdankt sich etwa eine reizende Liebesgeschichte, deren
Beginn ins Auge des Taifuns einer Verfolgungsjagd hinein platziert wird.
Alle Narration fällt an dieser Stelle für lange Sekunden in sich
zusammen, gefeiert wird das fast wortlose Zusammenkommen zweier Menschen.
Aus diesem Versatzstück zaubert To schiere Poesie. Der Film als ganzer
ist , trotz eines eher dümmlichen Nebenduells von Ho mit seinem
Vorgesetzten, ein abgeklärtes, gelassenes, auf alles Spektakuläre
verzichtendes kleines Meisterstück.
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