Shiri ist ein koreanischer Polit-Action-Thriller im
Blockbuster-Format, er erzählt die Geschichte einer Bande nordkoreanischer
Terroristen, die einen neu entwickelten Sprengstoff entwenden, um die
Staatspräsidenten Nord- wie Südkoreas plus Publikum während
eines Fußballspiels in die Luft zu jagen. Hollywood
(insbesondere: Bruckheimer) wie Hong Kong stehen Pate und der Film
fällt nicht hinter die Vorbilder zurück. In seinem Gefühl
fürs rechte Thriller-Timing wie in der Inszenierung der Action-Szenen
mit viel Handkamera und dynamisierenden Schwenks ist er handwerklich
professionell, Stunts wie Special Effects bewegen sich wie mühelos auf
internationalem Niveau. Die visuelle Stilisierung (gewiss eher ein Erbe Hong
Kongs) - leitmotivisch kehren auf der formalen wie der inhaltlichen Ebene
Aquarien und Fische immer wieder - hält die verschiedenen Geschichten,
die gedrängt erzählt werden, zusammen. Anders als noch das Debüt
von Jacky Kang, The Gingko
Bed, ist Shiri trotz der offenkundig sehr heterogenen Zutaten,
ein Film aus einem Guss.
Das Agenten-Ehe-Melodram, True Lies mit einem vielleicht nicht
sehr überraschenden, aber abgründigen Twist, ist tief in den Politplot
hineingewirkt, das Private wird von Beginn an ins Professionelle hineingezogen,
bis zur letztlich nur konsequenten Ununterscheidbarkeit von beidem. Dieser
Schachzug verleiht einerseits den Figuren Tiefe und nimmt andererseits den
Szenen einer Ehe den Charakter der Beliebigkeit, der ihnen in vergleichbaren
Hollywood-Kontexten als bloße Erfüllung von Skript-Lehrbuch-Vorgaben
oft anhaftet. Zusätzlich wird die Beziehung des südkoreanischen
Agenten zu seiner Frau ganz zwanglos lesbar als Allegorie des (zutiefst
zwiespältigen) Verhältnisses der beiden Koreas. Ohnehin ist die
Action-Verplottung des politischen Konflikts ausnehmend gut gelungen - und
in der Rechtfertigungsszene des nordkoreanischen Terroristen (der zudem von
einem südkoreanischen Filmstar gespielt wird) wird dieser keineswegs
ohne weitere Umstände denunziert. Seine Argumente haben Gewicht, die
Ungerechtigkeit des Missverhältnisses von ökonomischem Desaster
in Nordkorea und Reichtum in Südkorea steht ohne Widerspruch im Raum.
Shiri hat drei Schauplätze, ist dadurch ein Bastard dreier
Genres und die große Kunst ist es, alle drei zu ihrem Recht kommen
zu lassen. Melodram, Action und Politisches werden ineinander so verschlungen,
dass man nichts davon missen möchte, dass das eine je dem anderen
Echoräume verleiht, die zuletzt dem ganzen zugute kommen. Ein
Action-Thriller, bei dem einem das Popcorn im Halse stecken bleiben kann:
wann hat man dergleichen zuletzt aus Hollywood gesehen?
zur Jump Cut Startseite
|